Der deutsche Filmregisseur Wim Wenders macht eher das Gegenteil von dem, was Instagram macht. Das ist seiner Meinung nach ein rasches Informationsmedium und hat mit seiner Idee von Fotografie wenig zu tun. Wim Wenders erklärt: „Ich will die Menschen mit meinen Bildern zum Einhalt bringen. Sie sind nicht für den raschen Konsum gedacht.“ Generell hat Wim Wenders den sozialen Medien gegenüber ein prinzipielles Misstrauen. Vor 40 Jahren machte Wim Wenders den Film „Im Lauf der Zeit“, in dem er einen Abgesang auf das Kino anstimmte. Heute freut er sich darüber, dass er sich in dieser Hinsicht getäuscht hat. Wim Wenders (70) ist einer der international erfolgreichsten deutschen Filmregisseure und Fotokünstler. Weltberühmt wurde er mit seinen Filmen „Paris, Texas“ und „Himmel über Berlin“.
Wirklich originelle Filme gibt es nur noch selten
Wim Wenders erläutert: „ Das Kino, überhaupt unsere ganze Bilderwelt, hat sich mit der digitalen Revolution komplett neu erfunden.“ Das Kino gilt inzwischen nicht mehr als Leitmedium, an seine Stelle sind eher Fernsehserien und die Werbung getreten. In den amerikanischen Serien arbeiten die besten Regisseure und Schauspieler, weil sie dort mehr Entfaltungsmöglichkeiten finden als im Blockbuster-Kino, das sich mit formelhaftem Kino und endlosen Wiederholungen begnügt. Wim Wenders fügt hinzu: „Wirklich originelle Filme gibt es nur noch selten.“
Dass Serien so erfolgreich sind, hat laut Wim Wenders auch damit zu tun, dass sie das Bedürfnis des Publikums befriedigen, tiefer und länger in Geschichten einzutauchen, als sie es im Kino tun können: „Ein Zeichen dafür, dass das Erzählen noch gefragt ist und dass die Leute doch nicht so eine kurze Aufmerksamkeitsspanne haben, wie gemeinhin angenommen wird.“ Wim Wenders, der Meister des elegischen Films, setzt neuerdings auf die 3D-Technologie, die einer weit verbreiteten Meinung nach eher ins Actionfach gehört.
Die Wirklichkeit wird zurzeit vom Kino vernachlässigt
Dieser Glaube ist für Wim Wender ein tragischer Irrtum: „Es ist eine Katastrophe, dass der Actionfilm diese wunderbare Technologie immer weiter verhunzt. 3-D wird viel zu wenig als das wahrgenommen, was es sein sollte: ein neues zeitgenössisches Medium.“ Wim Wenders hat den Dokumentarfilm „Pina“ und den Erzählfilm „Every Thing Will Be Fine“ in 3-D gedreht. Für ihn liegt der Reiz der neuen Technologie darin, dass Menschen in 3-D eine ganz andere Präsenz haben als im herkömmlichen Kino.
Das Kino ist für Wim Wenders eigentlich nach wie vor eine Verlängerung der Höhlenmalerei, in dem man projiziert Bilder auf eine Leinwand. Erst 3-D lässt diese Leinwand verschwinden und macht daraus ein Fenster in die Welt. Eine weitere erstaunliche Entwicklung ist, dass sich ausgerechnet der große Geschichtenerzähler des deutschen Kinos mit Dokumentarfilmen wie „Das Salz der Erde“ der Wirklichkeit zuwendet. Wim Wenders nennt den Grund dafür: „Die Wirklichkeit fasziniert mich immer mehr, vielleicht gerade weil sie vom Kino und von der Kunst zurzeit so vernachlässigt wird.“ Quelle: Bilanz
Von Hans Klumbies