Florenz entwickelte sich ökonomisch erst spät

Ökonomisch und politisch war die Kommune Florenz im Vergleich mit Trendsettern wie Pisa oder Siena eine Spätentwicklerin. Volker Reinhardt erklärt: „In Sachen Großhandel, Textilproduktion, Bankwesen und Territoriumsbildung schloss Florenz erst während der Bauzeit von Santa Maria Novella zu Pisa, der großen Rivalin im Westen, auf.“ Danach zog es uneinholbar an ihr vorbei. Vorher kam es zu einem blutigen Streit zwischen dem älteren Florentiner Stadtadel und den großen Unternehmern, die den aristokratischen Vorgängern am Ende des 13. Jahrhunderts die Macht abrangen. Allerdings florierte der Handel mit Luxustextilien ab den 1330er Jahren nicht mehr wie vorher. Zum einen verlangten jetzt immer mehr Mächtige auf dem weiten Weg der Wolle von England nach Flandern und Italien ihren Anteil am Gewinn. Volker Reinhardt ist Professor für Geschichte der Neuzeit an der Universität Fribourg. Er gehört international zu den führenden Italien-Historikern.

Die Rezession ging in die große Pest über

Zum anderen führte der Krieg zwischen England und Frankreich auf dem Kontinent zu gravierenden Absatzrückgängen. Dazu kamen politische Zerwürfnisse. Florenz zerstritt sich mit dem Papst in Avignon, der den großen Gesellschaften wichtige Geschäftszweige entzog. Diese Einbußen wiederum hatten einen Dominoeffekt. Die für die Handelskompanien ebenfalls bedeutsamen Beziehungen zu Süditalien verschlechtern sich daraufhin rapide. Die neapolitanischen Barone zogen ihre Depositen ab, lukrative Steuerpachten gingen verloren.

Es folgte eine schwere Rezession, die sich bis 1348 hinzog und dann gleitend in die Katastrophe der großen Pest überging. Durch das Massensterben wurde Arbeitskraft wieder knapp, was die Löhne nach oben trieb. Doch hielt diese günstige Konjunktur nicht lange an. Schon in den 1370er Jahren war die Arbeitslosigkeit wieder extrem hoch und die Lage der einfachen Wollarbeiter äußerst prekär. Im komplexen Produktionssystem der florentinischen Textilindustrie waren sie das schwächste und verwundbarste Glied.

Die Rezession ging in die große Pest über

Als ungelernte Tagelöhner hatten sie keine Zunft, die ihre Interessen gegenüber den Unternehmern vertreten konnte. Erst recht hatten sie keinen Einfluss auf den politischen Kurs der Republik. Beides sollte sich im dramatischen Sommer 1378 von Grund auf ändern. Volker Reinhardt erläutert: „Die herrschende Oligarchie der Großhändler und Bankiers war zutiefst zerstritten, nicht zuletzt über die Spätabwicklung des englischen Bankrotts.“ Die Folgen dieser Konflikte bekam durch ausbleibende Aufträge und sparsameres Kaufverhalten auch die Mittelschicht der Handwerker und Ladenbesitzer zu spüren.

Dadurch wuchs deren Unzufriedenheit mit den herrschenden Umständen. Jetzt oder nie, lautete daher die Devise der Wollarbeiter, die im Juli 1378 einen Aufstand wagten, dem sich die mittleren Zünfte anschlossen. Ihren Forderungen nach einer eigenen Berufsgenossenschaft und einem repräsentativen Anteil an den Ämtern und Geschäften der Republik gaben die Regierenden kampflos nach. Sie wollten Zeit gewinnen, um danach die Front der Tagelöhner und Handwerker aufzubrechen. Schon nach wenigen Wochen brach die Union von Mittel- und Unterschicht auseinander und der Aufstand in sich zusammen. Quelle: „Die Macht der Schönheit“ von Volker Reinhardt

Von Hans Klumbies