Geld entstand als Maßeinheit für Kredit

David Graeber wurde 1961 in New York geboren und war nach eigenen Aussagen seit seinem 16. Lebensjahr Anarchist. Er studierte an der State University of New York und der Universität von Chicago. Dort promovierte er im Jahr 1996. Thomas Mayer ergänzt: „Zwei Jahre später wechselte er an die Yale University, wo er als Assistant and Associate Professor tätig war.“ Im Jahr 2005 entschied sich der Fachbereich Anthropologie dieser Universität David Graebers Lehrauftrag nicht zu verlängern. Dadurch konnte er keine ordentliche Professur erhalten. Dies führte zu erheblichen Protesten von Studenten, Aktivisten und Fachkollegen, die jedoch keinen Erfolg hatten. Nach mehreren viel beachteten Vorträgen erhielt David Graeber 2007 einen Lehrauftrag am Goldsmith College der Universität von London. Thomas Mayer ist promovierter Ökonom und ausgewiesener Finanzexperte. Seit 2014 ist er Leiter der Denkfabrik Flossbach von Storch Research Institute.

David Graeber stellt Adam Smiths These vom Tausch infrage

Im Jahr 2013 wurde er schließlich zum Professor an der London School of Economics ernannt. Zudem spielte eine herausragende Rolle in der „Occupy Wall Street“ Bewegung, die im Sog der Finanzkrise im September 2001 in New York City begann. David Graeber wichtigstes Werk ist „Schulden: Die ersten 5000 Jahre“. Darin stellt er Adam Smiths These vom Tausch als Grundlage wirtschaftlicher Beziehungen infrage. Im September 2020 verstarb Graeber überraschend auf einer Urlaubsreise in einem venezianischen Krankenhaus.

David Graeber und andere Vertreter der anthropologisch-historischen Sicht betonen, dass in Urgesellschaften und in der Antike wirtschaftliche Beziehungen in Form von Kredit im Vordergrund standen. Tausch spielte vornehmlich dann eine Rolle, wenn nicht die Mitglieder einer Gesellschaft untereinander, sondern Mitglieder verschiedener Gesellschaften wirtschaftliche Beziehungen eingingen. Geld entstand daher nach David Graeber nicht als Tauschmittel, wie von den klassischen Ökonomen behauptet. Sondern entwickelte sich als Maßeinheit für Kredit oder auch Schuld, insbesondere gegenüber der Obrigkeit.

Geld im heutigen Sinne gab es in Mesopotamien und Babylonien nicht

Thomas Mayer stellt fest: „Graeber führt aus, dass „Geben und Nehmen“ auch die dominante Form des Austausches in den vorchristlichen Gesellschaften Mesopotamiens und Babyloniens war.“ „Geld“ in unserem heutigen Sinne als universelles Maß und Tauschmittel gab es nicht. Transaktionen in Mesopotamien buchte man lediglich und verrechnete sie anschließend. Berühmt für ein auf Kredit basierendes Geldsystem war die Pazifikinsel Yap. Dort bezahlten die Menschen mit Steinmünzen, die so groß wie Mühlsteine waren.

Diese Münzen konnten unmöglich physisch bei jeder Transaktion den Besitzer wechseln, weil sie einfach viel zu groß und zu schwer waren. Tatsächlich lagerten sie einfach in der Landschaft. Für die Leute von Yap waren die Steine keine Tauschmittel, die von Hand zu Hand wanderten, sondern Zeichen für die Kreditwürdigkeit des Besitzers. Thomas Mayer erläutert: „Transaktionen wurden getätigt, indem Kredite, die man sich einräumte, gegeneinander verrechnet wurden.“ Quelle: „Das Inflationsgespenst“ von Thomas Mayer

Von Hans Klumbies