Schon die mittelalterlichen Städte regierten Stadträte

Durch ihre Sozialstruktur unterschied sich die mittelalterliche Stadt sehr deutlich von ihrer ländlichen Umgebung. Ein gegenseitiger Friedensschwur verband die Bürger zu einer Eidgenossenschaft auf der Basis gleicher Rechte und Pflichten. Eine eigene Gerichtsbarkeit, das Recht Steuern einzuziehen, die Stadt durch Befestigung und Wehrpflicht der Bürger zu schützen, waren bedeutende Schritte zur Befreiung der Städte vor landesherrlichem Zugriff. Das galt auch für die Verwaltung, die in den Städten Oberitaliens ab etwa dem Jahr 1100 von gewählten Konsuln geleitet wurde, woraus sich in Deutschland rund 100 Jahre später die Stadträte entwickelten. Diesem Gremium konnten nur Männer von Umsicht, gutem Ruf und einigem Vermögen angehören. Meist waren es Fernhändler, mit deren Hilfe zum Beispiel Heinrich der Löwe die Neugründung Lübecks vollzog und ihr das Soester und somit Kölner Stadtrecht verlieh.

Im 14. Jahrhundert war Köln die größte deutsche Stadt

Immer wieder kam es vor, dass bestimmte Familien über Generationen an ihren Ratssitzen festhielten. Doch in der Regel waren Änderungen in der Zusammensetzung der Gemeindeführung üblich und häufig, zumal der Bürger zu allen Zeiten sein Beispruchsrecht wahrte und im Notfall auch darum kämpfte. Das galt besonders in solchen Fällen, in denen der Rat die Interessen seiner Bürger nicht ausreichend vertrat. Die Grundpfeiler aller Ratsverpflichtungen waren die Preispolitik, die Lebenshaltungskosten und die Sicherung der Freiheit nach außen.

Das Amt des Ratsherrn in den mittelalterlichen Städten war immer ein Ehrenamt, das Zeit und Geld kostete. Natürlich gab es auch damals wie heute Missbräuche, persönlichen Streit, Ehrgeiz und Besserwisserei, meist gefolgt von Unruhe in der Bürgerschaft. Möglicherweise war im Mittelalter aber die Zahl der fähigen Personen zu gering, um in solchen Fällen den Stadtrat einfach umzubesetzen. Unter den etwa 3.000 deutschen Städten des 14. Jahrhunderts war Köln mit 30.000 bis 40.000 Einwohner die größte, gefolgt von Lübeck, Straßburg und Nürnberg mit je etwa 20.000.

Handwerker schlossen sich in den mittelalterlichen Städten zu Bruderschaften zusammen

Seit dem 12. Jahrhundert schlossen sich in den Städten Handwerker, die ein gleiches oder verwandtes Gewerbe ausübten zu Bruderschaften wie Innungen, Gilden, Zünften, Zechen oder Ämtern zusammen. Dies diente der sozialen Sicherung im weitesten Sinne: Begrenzung der Zahl und Größe der Betriebe, Ausschaltung der Konkurrenz sowie der Sicherung und Beschaffung von Rohstoffen. Außerdem wurde damit ein Qualitätsstandard aufrechterhalten. Die Verbraucher wehrten sich allerdings gegen die monopolistische Gestaltung der Preise.

Wer in eine Handwerksinnung aufgenommen werden wollte, musste tüchtig in seinem Beruf und nach sozialer Herkunft und moralischer Haltung einwandfrei sein. Die Söhne der Meister und Gesellen, die in einen Betrieb eingeheiratet hatten, wurden dabei bevorzugt. Über das rein Berufliche hinaus, umfasste die Gilde auch das Privatleben ihrer Mitglieder. Sie half in Notlagen, sorgte für das Begräbnis und für das Seelenheil. Die Gesellen blieben in der Regel ausgeschlossen und gründeten eigene Bruderschaften und sogenannte Herbergen.  

Von Hans Klumbies