Geldgier ist in der Plutokratie legitim

In der Plutokratie – anders als in der Demokratie – ist schrankenlose Geldgier legitim. Im Falle von Donald Trump sogar legitimierend. Und Plutokraten dürfen die öffentliche Meinung herrisch ignorieren. Roger de Weck stellt fest: „So faszinierend Milliardäre für die Medien sind, so autoritär ist ihr Kommando. Selbst wenn die politische Korrektheit hegemonial wäre, wie ihre Kritiker jammern, könnte sie gegen die Oligarchie nichts ausrichten.“ Wie wenig kulturelle Hegemonie bewirkt, erfuhren nach ihrer Revolte vom Mai 1968 die linken Studenten. Von ihnen hatte einige den italienischen kommunistischen Philosophen Antonio Gramsci gelesen. Den 68ern gelang es damals – breiter als heute den Aktivisten der Korrektheit –, die Begriffe zu besetzen. Ihr Denken sickerte in viele Kreise. Sie hatten den Löwenanteil an der öffentlichen Debatte. Roger de Weck ist ein Schweizer Publizist und Ökonom.

Die Rechten haben überall auf der Welt Auftrieb

Aber ganz andere Kräfte errangen die politische Macht: die Marktradikalen. Von 1979 an war Margaret Thatcher eisern im Deregulieren, mit Folgen bis heute: bis Brexit-Boris. Quasi monopolistisch herrschte während vier Jahrzehnten jene globale Kraft, die den Kapitalismus nicht zivilisieren wollte. Sondern sie überhöhte das Kapital und unterhöhlte die Demokratie. Donald Trump blieb bei einer Politik, die laufend die Reichen reicher macht und die Superreichen superreicher.

Die politische Korrektheit ist gewiss nicht der Grund, warum die Rechten überall auf der Welt Auftrieb haben. Die Reaktionäre marschierten auch in Frankreich oder Ungarn auf, in denen die Korrektheit nebensächlich bleibt. Nicht die Korrektheit, sondern eine krasse Unkorrektheit verdirbt die Demokratie. Roger de Weck erklärt: „Von den USA bis Ungarn wütet eine hoch politische Unkorrektheit – die Abrissbirne gegen die Liberalität. Den Reaktionären ist der Gegner ein Feind, also dürfen sie ihn hassen.“

Die Neue Rechte macht Menschenverachtung salonfähig

In ihrem Verständnis darf die Mehrheit absolutistisch herrschen, also missachten sie jede Minderheit. Und ist eine so frech, Ansprüche anzumelden, ist das die „Tyrannei der Minoritäten“. Für die Neurechten ist jeder Kompromiss faul, also schüren sie Konflikte und polarisieren auf Teufel komm raus. Sie kämpfen unter der Flagge der Freiheit, wollen aber Demokratien in unfreie Republiken verwandeln. Diesem Zweck dient die – seit dem Faschismus bewährte – Methode, die Sprache so weit zu verrohen, dass vom Ideal einer vernunftgeleiteten Debatte wenig übrig bleibt.

Der Ehrenvorsitzende der AfD, Alexander Gauland, bekannte sich schon 2018 in einem aufschlussreichen Interview in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zur Allzwecktechnik der Grenzüberschreitungen. Er sagte: „Wir versuchen, die Grenzen des Sagbaren auszuweiten.“ Mit diesen Worten brachte er die weltweite Strategie der Neuen Rechten auf den Punkt. Nämlich Menschenverachtung salonfähig zu machen: eine reaktionäre Normalität herzustellen. Quelle: „Die Kraft der Demokratie“ von Roger de Weck

Von Hans Klumbies