Anti-Aging ist in den reichen Gesellschaften des Westens einer der Trends der Gegenwart. Peter Spork schreibt: „Sich Zeit fürs aktive Jungbleiben zu nehmen, ist längst ein Statussymbol: Manager plauschen beim gesund und kalorienarm zusammengestellten Abendessen über neue Joggingrouten. Einige gehen sogar zum Anti-Aging-Mediziner und schwören auf den Personal Trainer.“ Doch das natürlichste Programm zur Verjüngung, das der eigene Körper jedem regelmäßig und freiwillig zur Verfügung stellt, ignorieren gerade die Leistungsträger. Wer besonders viel arbeiten muss, opfert auch besonders viel Schlaf. In Vorständen und Aufsichtsräten – übrigens genau wie bei den meisten Politikern – sogar weiterhin als Beleg für hohe Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit, mit möglichst wenig Schlaf auszukommen. Das ist für Peter Spork so erschreckend kurzsichtig, dass man vielen Entscheidern lieber gar keine Entscheidungen mehr überlassen möchte. Der Neurobiologe Peter Spork ist Wissenschaftsjournalist.
Im Schlaf werden Infektionen und Entzündungen bekämpft
Denn im Schlaf verjüngt sich der Mensch rundum, und der Stoffwechsel pendelt ins Gleichgewicht. Die inneren Uhren kommunizieren im Ruhestand miteinander und synchronisieren sich. Blut und Immunsystem, Haut, Leber, Muskeln und viele andere Organe bilden neue Zellen. Alte Zellen werden aussortiert, Infektionen und Entzündungen bekämpft. Deshalb hält erholsamer Schlaf fit, gesund und jung. Dazu kommt: Wer regelmäßig zu wenig Schlaf bekommt, versäumt mehr als doppelt so viele Arbeitstage wie Kollegen mit gutem Schlaf.
Und auch die Leistungsfähigkeit leidet bei Menschen, die schlecht schlafen. Der kalifornische Schlafforscher Mark Rosekind beziffert die Abnahme der Gedächtnisleistung bei schlechtem Schlaf auf zwanzig Prozent, die der Entscheidungsfähigkeit sogar auf fünfzig. All die Schlafarbeit erfordert eine Menge Energie. Peter Spork erklärt: „Der schlafende Mensch verbrennt fast genauso viele Kalorien wie der wache.“ Der größte Teil der Energie fließt während des Schlafes in das Gehirn. In ihm scheint sich das eigentliche Geheimnis des Schlafs zu verbergen.
Nach dem Schlaf ist man schlauer als zuvor
Das Denkorgan erfindet sich im Schlaf immer wieder neu: Es läuft auf Hochtouren, beschäftigt sich aber weitgehend mit sich selbst. Vor allem konsolidiert es wichtige Gedächtnisinhalte und verwirft unwichtige. Peter Spork erläutert: „Es räumt auf, baut zwischen manchen Nervenzellen Datenautobahnen, knüpft neue Zellkontakte, verstärkt andere und gibt andere wieder auf.“ In einem zweistufigen Prozess werden zunächst all jene Ereignisse, die im Laufe der letzten Wachperioden besonders wichtig waren, vom schlafenden Gehirn erneut hervorgekramt.
Was bedeutsam war, ergibt sich dabei aus den Emotionen, die mit den neuen Eindrücken verbunden sind. Zuallererst sortiert das Gehirn im Schlaf. Was Angst, Freude, Glück oder Leid ausgelöst hat, scheint wichtig genug, um nun, in der zweiten Stufe, in der Großhirnrinde fest verankert und verfestigt zu werden. Die meisten anderen Informationen werden im Schlaf gelöscht. Wenn der Mensch dann wieder aufwacht, ist er eine gehörige Portion schlauer als zuvor. Der Mensch beherrscht all die Dinge, die er im Wachzustand gelernt oder trainiert hat, nach dem Schlafen deutlich besser als vorher. Quelle: „Wake up! von Peter Spork
Von Hans Klumbies