Die deutsche Lebensmittelindustrie verdient gut an den Heilsversprechen, sie seit Jahrzehnten Vitaminpräparaten nachgesagt werden. Die Nationale Verzehrstudie des Max Rubner Instituts hat im Jahr 2008 herausgefunden, dass fast jeder dritte Deutsche Vitaminpillen einnimmt. Die Ausgaben für die Gesundheitspillen betrugen in jenem Jahr 800 Millionen Euro. Inzwischen belegen allerdings immer mehr Gesundheitsstudien, dass die Vitaminpillen die Gesundheit nicht verbessern, sondern meist keine Wirkung zeigen – im Extremfall können sie das Wohlbefinden sogar beeinträchtigen und das Risiko erhöhen, krank zu werden.
Künstliche Vitamine können negative Nebenwirkungen entfalten
Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass isoliertes Vitamin C die meisten Menschen vor Erkältungskrankheiten schützen würde. Der finnische Epidemiologe Harri Hemilä fand heraus, dass isoliertes Vitamin C nur bei Menschen seine Schutzwirkung entfaltet, wenn diese sich stark sportlich betätigen. Die Vitamine C, E und A in Pillenform verhindern auch keineswegs eine Erkrankung an Krebs, können im Extremfall sogar die Gefahr zu erkranken erhöhen. Wer zusätzlich zur Nahrung Vitamin B zu sich nimmt, wird nicht klüger und kann sich dadurch auch nicht vor Demenz im Alter schützen.
Aktuelle Gesundheitsstudien belegen, dass Folsäure, in zu hoher Dosis genossen, die Denkfähigkeit bei älteren Menschen sogar verschlechtern kann. Je mehr Vitaminpräparate ein Mensch schluckt, desto gesünder ist er, dies ist eine Rechnung, die schon lange nicht mehr aufgeht. Ingrid Hoffmann vom Max Rubner Institut in Karlsruhe erklärt: „Werden Vitamine Lebensmitteln zugesetzt oder in Tablettenform eingenommen, können ungünstige Nebenwirkungen nicht ausgeschlossen werden.“ Allerdings könnten nur künstlich hergestellte Vitamine dem Menschen gefährlich werden. Obst und Gemüse können bedenkenlos verzehrt werden.
Gesunde Menschen sollten ganz auf Vitaminpillen verzichten
Dass echtes Obst und Gemüse gesund ist, bestätigt Ingrid Hoffmann: „Durch die Aufnahme von Lebensmitteln ist eine Überdosierung mit Vitaminen in der Regel nicht möglich. Da braucht man keine Angst zu haben.“ Obst, Gemüse und Vollkornkost sind eine Wohltat für den Verdauungsapparat und schützen die Menschen vor Herz-Kreislauf-Problemen. Vitaminpräparate können echte Lebensmittel nicht ersetzen. Bernhard Watzl, ein Ernährungswissenschaftler am Max Rubner Institut sagt: „Nahrungsmittel liefern ja nicht nur Vitamine, sondern Hunderte anderer Stoffe, die man zum Teil noch überhaupt nicht kennt.“
Die Forscher haben noch nicht herausgefunden, wie viel Obst und Gemüse der Mensch pro Tag essen sollte. Die Faustregeln, die dafür aufgestellt wurden, sind lediglich Schätzwerte. Die aktuelle Forschung rät gesunden Menschen, völlig auf Nahrungsergänzungsmittel zu verzichten. Die meisten Deutschen sind laut der Nationalen Verzehrstudie von 2008 ausreichend mit Vitaminen versorgt, selbst wenn sich viele der Bundesbürger ungesund ernähren. Das liegt daran, dass selbst in Lebensmitteln, die allgemein als ungesund eingeschätzt werden, Vitamine enthalten sind und die selbst beim Kochen weitgehend erhalten bleiben.
Von Hans Klumbies