John Stuart Mill definiert die Freiheit

Eine der einflussreichsten Schriften über das, was menschliche Freiheit bedeutet und was es rechtfertigen darf, sie einzuschränken, stammt aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Der britische Denker John Stuart Mill hat sie verfasst. Er war überzeugt, dass der Nutzen im Sinne menschlicher Zufriedenheit, den eine Handlung zum Ausdruck bringt, diese Handlung als gut oder schlecht kennzeichnet. Ina Schmidt erklärt: „Wenn ein Tun Glück stiftet, Leid oder Not lindert, Freude bringt, dann kann es nicht anders als gut sein.“ Dabei handelt es sich um eine Überzeugung des utilitaristischen Denkens. Nach John Stuart Mill kann es also nur berechtigt sein, in die freie Gestaltung der menschlichen Handlungen einzugreifen, wenn es darum geht, „Schaden“ abzuwenden. Ina Schmidt ist Philosophin und Publizistin. Sie promovierte 2004 und gründete 2005 die „denkraeume“. Seitdem bietet sie Seminare, Vorträge und Gespräche zur Philosophie als eine Form der Lebenspraxis an.

Es gibt eine negative und eine positive Freiheit

John Stuart Mill entwickelt diese Gedanken gemeinsam mit seiner Frau Harriet in dem Werk „Über die Freiheit“. Diese Schrift wurde nach der Erstveröffentlichung 1861 zu einer Grundlage des liberalen Denkens. Darin vertritt John Stuart Mill die Vorstellung einer dem Menschen gegebenen „bürgerlichen und sozialen“ Freiheit. Diese macht ihn als souveränes und autonomes Wesen aus und in die man nur unter klar bestimmten Umständen eingreifen darf. Er entwickelt hier zudem das Konzept einer „negativen Freiheit.

Dabei handelt es sich um eine grundsätzlich geltende Freiheit von äußeren Zwängen oder Beschränkungen. Ina Schmidt ergänzt: „Diese Form von Freiheit gelte es aber auch zu nutzen als eine positive Freiheit, die es dem Einzelnen ermöglicht, als Teil einer Gemeinschaft etwas zu bewirken.“ Die Unterscheidung von „negativer“ und „positiver“ Freiheit stammt ursprünglich von Immanuel Kant. Der britische Philosoph Isaiah Berlin stellt in „Two Concepts“ diese beiden Formen der Freiheit folgendermaßen dar.

Eine freiheitliche Praxis entsteht nur im freien Diskurs

Die negative Freiheit von etwas bezeichnet einen Zustand, in dem keine von anderen Menschen ausgehende Zwänge ein Verhalten erschweren oder verhindern. Die positive Freiheit ist dementsprechend die Freiheit, die man tatsächlich hat, um die Freiheit von etwas als Möglichkeit zu nutzen. Es zeigt sich, dass die Möglichkeit, aber auch das Empfinden von Freiheit an Bedingungen geknüpft ist. Und entsprechend ist eine unbedingte Freiheit nicht denkbar.

Ina Schmidt weiß: „Es geht in dem Verhältnis von Freiheit und Verantwortung nicht um ein Entweder-oder.“ Sondern es geht darum, so verantwortlich zu handeln, dass Freiheit möglich ist und man sie mit Inhalten füllen kann. Nicht die Abwesenheit von Regeln, Überzeugungen, Sitten und Normen ergibt eine freiheitliche Praxis. Sondern sie entsteht immer wieder und beständig in einem freien Diskurs. Im besten Fall geschieht das in einer demokratischen Gemeinschaft. Quelle: „Die Kraft der Verantwortung“ von Ina Schmidt

Von Hans Klumbies