George Stigler lehnt Kartellgesetze ab

„Mit der Zeit bin ich nach und nach zu der Überzeugung gelangt, dass Kartellgesetze viel mehr schaden als nützen und es uns besser ginge, wenn es sie überhaupt nicht gäbe.“ Dieses Resümee hat der Nobelpreisträger für Wirtschaft George Stigler (1911 – 1991) am Ende seiner Karriere gezogen. Es ist einer der bezeichnenden Schlüsselsätze für eine Wirtschaftsideologie, die seit einigen Jahrzehnten maßgeblich ist. Hans-Jürgen Jakobs erklärt: „Sie sah im permanenten Streben von Unternehmen und deren Führern nach Monopolen statt eines Übels eine Heilsbotschaft und begründete dies auch wirtschaftstheoretisch.“ George Stigler gehört zur „Chicago School“, den Ökonomen rund um die University of Chicago. Sie entwickelten die theoretische Begründung des Monopolismus einerseits und die Herausbildung der neuen Superkonzerne andererseits. Hans-Jürgen Jakobs ist Volkswirt und einer der renommiertesten Wirtschaftsjournalisten Deutschlands.

Milton Friedman vertritt die Theorie des Monetarismus

Diese Ökonomen sind die Künder eines extremen Wirtschaftsliberalismus, der von den 1970er-Jahren an beständig an Einfluss gewonnen hat. Von den frühen rigiden Kartellgesetzen hielten sie überhaupt nichts. Sie wollten nur noch darauf schauen, was für die Verbraucher am Markt konkret herausspringt, ob beispielsweise die Preise steigen. Dann, und nur dann, vermuteten sie ungebührliche Monopolmacht. Hans-Jürgen Jakobs erläutert: „Wir reden hier von erzkonservativen Ökonomen um den Wirtschaftsnobelpreisträger Milton Friedman (1912 – 2006).“

Dieser war der Bannerträger schlechthin für die Chicagoer Ideenwelt, insbesondere für die Theorie des Monetarismus. Diese hatte lange Zeit prägenden Einfluss auf die Politik in vielen Ländern. In Fragen des Wettbewerbs waren George Stigler und Milton Friedman enge Freunde. Es ist zweifelsohne der „Vormarsch der Ökonomik“ gewesen, der die Rolle des Kartellrechts im Leben der Amerikaner grundlegend verändert hat. Diese Bilanz zieht der Wirtschaftsjournalist Binyamin Appelbaum in seinem Buch „Die Stunde der Ökonomen – falsche Propheten, freie Märkte und die Spaltung der Gesellschaft.“

George Stigler entwickelt die Idee des „Überlebensprinzips“

George Stiglers Idee – „Überlebensprinzip“ nannte er das – sah ganz einfach vor, das profitable unternehmerische Handlungen im Grunde optimal seien, weil sich Firmen dann effektiv an sich verändernde Marktbedingungen angepasst hätten. Man brauche also findige Manager einfach nur machen zu lassen. Der Gewinn zeige an, ob sie alles richtig gemacht hätten. Um Unternehmenskonzentration müsse sich der Staat keine Sorgen machen, folgerte George Stigler.

Es sei im Gegenteil schädlich, wenn die öffentliche Hand sich hier zu viel einmische und etwa von Monopolen Sozialbindung verlange. Und völlig überholt sei die Angst, Kartelle würden Märkte zerstören – vielmehr würde der Markt am Ende Kartelle zerstören. Hans-Jürgen Jakobs stellt fest: „Der Markt regelt aus dieser Sich immer alles. Er ist die heilige Muttergottes in Milton Friedmans Chicago-Kirche.“ Kämen beispielsweise ein paar Unternehmer einer Branche zu Preisabsprachen zusammen, fände sich in dem Kreis garantiert immer einer, der die anderen doch mit Preisnachlässen betrüge, so die Wahrnehmung. Quelle: „Das Monopol im 21. Jahrhundert“ von Hans-Jürgen Jakobs

Von Hans Klumbies