Aus der Marktwirtschaft entwickelt sich eine Machtwirtschaft

Die Wirtschaftswelt hat immer wirtschaftliche, politische und militärische Macht gekannt. Dabei gibt es Phasen der Wirtschaftsgeschichte, in der Macht im Wirtschaftsleben eine größere Rolle gespielt hat als in anderen Zeiträumen, mit nachteiligen Auswirkungen für die wirtschaftlichen Entwicklungen. Gerhard Schick erklärt: „In den letzten Jahrzehnten hat sich eine Struktur globaler Konzerne herausgebildet, die unsere demokratischen Gemeinwesen, die Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft bei der Erfüllung unserer Bedürfnisse, vor allem aber auch die Freiheit der Einzelnen bedroht.“ Immer weniger stimmt das in öffentlichen Reden gepriesene Bild der Markwirtschaft mit der Realität überein, immer deutlicher bilden sich die Strukturen einer Machtwirtschaft heraus. Wie die Monopolkommission zeigt, kommen die 100 größten Unternehmen in Deutschland auf einen Anteil der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung von 16,4 Prozent. Der grüne Politiker Gerhard Schick zählt zu den versiertesten Ökonomen im Deutschen Bundestag.

Vier große Energieversorger dominieren den Strommarkt

Die zehn größten Firmen brachten es dabei auf 6,6 Prozent, was auf den ersten Blick zunächst einmal nicht gefährlich wirkt. In einzelnen Branchen ergibt sich dagegen für Gerhard Schick ein besorgniserregendes Bild. So teilen sich in Deutschland nur vier große Energieversorger quasi den Strommarkt untereinander auf: RWE, E.ON, Vattenfall und EnBW. Ein ganz ähnliches Bild ergibt sich bei den Wirtschaftsprüfern, wo ebenfalls vier Unternehmen den Markt dominieren: PricewaterhouseCoopers, KMPG, Ernst & Young und Deloitte.

Deutsche Großunternehmen wie BASF, Siemens oder Bayer sind inzwischen mehrheitlich in ausländischem Besitz. Ohne den Blick auf die globale Wirtschaft lassen sich auch deutsche Konzerne nicht mehr erfassen. Gerhard Schick erläutert: „Weil seit 2002 die Veräußerung von Unternehmensanteilen steuerfrei möglich ist, löste sich die „Deutschland AG“, die die enge Verflechtung deutscher Großkonzerne und ihrer Aufsichtsräte und Vorstände genannt wurde, zu weiten Teilen auf.“

Im Bankenmarkt herrschen oligopolistische Strukturen

Investoren aus der ganzen Welt konnten daher einen Teil der profitablen deutschen Unternehmen kaufen. Bei den Banken sieht die Marktkonzentration ganz ähnlich aus: In der Europäischen Union erreichen die fünf größten Banken in 19 der 27 Mitgliedsstaaten einen Marktanteil von über 50 Prozent. Selbst Josef Ackermann, der ehemalige Chef der Deutschen Bank, sprach in einem Interview von „oligopolistischen Strukturen“ im Bankenmarkt. Dabei gehen laut Gerhard Schick höhere Konzentrationen im Bankensektor nicht mit Produktionsvorteilen einher, sondern sogar eher mit Effizienzverlusten.

Gerhard Schick weist auf weitere negative Folgen der Marktkonzentration auf dem Bankensektor hin: „Und für die Kundinnen und Kunden heißt weniger Wettbewerb: höhere Zinsen für Kredite und niedrigere Zinsen für Einlagen. Der Kunde verliert an beiden Enden, und die Bank gewinnt.“ Außerdem sind viele Märkte für Finanzprodukte so stark konzentriert, dass es für Händler ein Leichtes ist, sich abzusprechen und die Preise in ihrem Interesse zu manipulieren. Ebenso bedrohlich ist die Konzentration wirtschaftlicher Macht in dem sensiblen Bereich der Rohstoffe.

Von Hans Klumbies