Gerhard Gleißner erklärt den Aufbau der Stoa

Die gesamte Lehre der Stoa umfasst neben der Ethik auch noch die Bereiche der Logik und der Physik. Gerhard Gleißner erläutert: „Die Logik beschäftigte sich mit dem vernünftigen, folgerichtigen Denken, um dadurch neue Erkenntnisse zu gewinnen und Fortschritte zu erzielen.“ Zum anderen sollte man die erworbenen Einsichten und Erkenntnisse ja auch den anderen Menschen mitteilen und vermitteln können. Dafür waren vernünftige sprachliche – rhetorische – Fähigkeiten sehr wichtig. Die Physik versuchte, den Aufbau der Welt beziehungsweise des gesamten Kosmos zu erklären. Anders als bei der heutigen Naturwissenschaft spielte hier zusätzlich die Theologie mit hinein. Die Stoiker bezeichneten diesen Gesamtzusammenhang als „logos“ – Wort, Sinn, Vernunft. Der „logos“ entspricht einer übergeordneten Einheit, auf die alles zurückgeht. Somit haben logische Gesichtspunkte in der stoischen Physik einen festen Platz. Dr. med. Gerhard Gleißner ist seit 2014 als Amtsarzt und Gutachter im öffentlichen Gesundheitsdienst tätig.

Im Zentrum der stoischen Ethik steht die Seelenruhe

Die stoische Ethik steht im Mittelpunkt der Philosophie der Stoa. Die Logik und die Physik liefern für die Ethik zusätzliche theoretische Grundlagen, Hilfen für das Verständnis und die praktische Umsetzung. Gerhard Gleißner stellt fest: „Die aktuelle populäre Literatur über die Stoa behandelt fast ausschließlich den Teilbereich der stoischen Ethik. In ihrem Zentrum steht die stoische Seelenruhe, sie ist der Schlüssel zum glücklichen Leben.“ Und wie erreicht man die Seelenruhe? Sie entsteht im Wesentlichen dadurch, dass man die Realität anerkennt.

Gerhard Gleißner erklärt: „Alles, was uns im Bruchteil einer Sekunde passiert, ist die Realität und Gegenwart, die ebenso schnell zur Vergangenheit wird. Aus den verschiedenen Realitäten, denen der Mensch in jeder Sekunde, Minute und Stunde seines Lebens ausgesetzt ist, fügt sich sein Schicksal zusammen.“ Um die Seelenruhe zu erreichen, sollte man beides – Schicksal und Realität – akzeptieren. Wenn der Stoiker nach den Regeln der göttlichen Ordnung des Kosmos, dem „logos“, lebt, bringt er seine menschliche Vernunft in Einklang mit der göttlichen.

Als Begründer der Stoa gilt Zenon von Kition

Dadurch kommt Struktur in das Denken und Handeln. Man lernt, wenn man etwas als schicksalhaft akzeptieren muss und wann man frei handeln kann. Gerhard Gleißner betont: „In der praktischen Anwendung soll der Stoiker erstens seine unpassenden Vorstellungen hinterfragen. Zweitens überprüft er, was sich überhaupt in seiner Macht befindet, um dann drittens im Sinne der stoischen Tugenden zu handeln.“ Als Begründer der Stoa gilt Zenon von Kition (333/332 – 262/261 v. Chr.).

Er gelangte nur durch Zufall infolge eines Schiffbruchs nach Athen. Dort schloss er sich dem Philosophen und Kyniker Krates von Theben (365 – 285 v. Chr.) an. Nach ungefähr zehn Jahren gründete Zenon eine eigene Philosophenschule und unterrichtete seiner Schüler in einer bunten Säulenhalle – altgriechisch stoa poikilè –, daher der Name Stoa. Weitere wichtige Vertreter der älteren Stoa waren Kleanthes von Assos (331 – 232/231 v. Chr.) und Chrysippos von Soloi (276 – 204 v. Chr.). Quelle: „Gesund leben mit dem Stoizismus“ von Gerhard Gleißner

Von Hans Klumbies