Schon Aristoteles fragte nach dem Zweck des Lebens

Eine der Varianten der Sinnfrage fragt ganz konkret nach dem Zweck der Existenz eines Menschen. Und das scheint Christian Uhle durchaus logisch, wenn es um das Thema Sinn geht: „In sehr vielen Fällen ist der Sinn einer Sache ja sein Zweck.“ Nach dem Zweck des menschlichen Lebens zu fragen hat eine lange Tradition in der Philosophiegeschichte. Vor mehr als zweitausend Jahren überlegte schon Aristoteles, was der „télos“ des Lebens sei. Der Begriff „télos“ lässt sich ungefähr mit Zweck oder Ziel übersetzen. Diesen Sinn, der als Zweck verstanden werden kann, bezeichnet Christian Uhle fortan als zweckhaften Sinn. Also, was ist der Zweck des menschlichen Daseins? Das Anliegen des Philosophen Christian Uhle ist es, Philosophie in das persönliche Leben einzubinden.

Absichten gehen den Zwecken voraus

Sogar Aristoteles hielt das für eine komplizierte Frage und näherte sich ihr daher über einen Vergleich. Dazu nahm er ein Messer unter die philosophische Lupe. Dessen Zweck ist es offensichtlich zu schneiden. Aber woher weiß man das? Aristotles ging die Sache etwas verkopft an. Ihm zufolge erkennt man den Sinn eines Messers, wenn man darüber nachdenkt, was sein Wesen ausmacht. Und das eben ist: die Fähigkeit zu schneiden. Natürlich gibt es stumpfe Messer. Aber ein Gegenstand, der überhaupt nicht schneiden kann, ist allenfalls ein Pseudo-Messer.

Wenn man wie Aristoteles, Menschen mit Messern vergleich und auf ähnliche Weise nach deren Sinn fragt, dann nimmt man indirekt an, dass Menschen zu einem bestimmten Zweck erschaffen wurden, den es nun herauszufinden gilt. Diese Perspektive setzt einen Schöpfergott voraus, den man, so Jean-Paul Sartre, in der menschlichen Vorstellung „einem höherstehenden Handwerker“ angleicht. Sartres Überlegungen sind für Christian Uhle einleuchtend. Denn Zwecke gibt es nur dort, wo es Absichten gibt.

Die Evolutionstheorie war geistesgeschichtlich erschütternd

Und dafür muss es jemanden geben, der überhaupt etwas beabsichtigen kann. Christian Uhle ergänzt: „Wo jedoch niemand ist, der etwas beabsichtigen und bezwecken kann, da gibt es auch keine Zwecke. Gott ist also eine notwendige Bedingung für einen solchen zweckhaften Sinn.“ Eine hinreichende Garantie wäre er strenggenommen allerdings nicht. Denn es wäre ja denkbar, dass Gott die Menschen völlig grundlos geschaffen hat, einfach so, ohne télos.

Doch was, wenn da niemand war, der irgendetwas im Sinn hatte? Deshalb wer die Evolutionstheorie geistesgeschichtlich auch so erschütternd. Sie bot einen radikalen Gegenentwurf zu bisherigen Erklärungsmodellen. Bis dahin führte die Frage, warum Menschen auf dieser Erde existieren, direkt zum Glauben an göttliche Schöpfer oder andere kosmische Kräfte. Solche Gedanken drängten sich förmlich auf. Irgendwoher musste der Homo sapiens schließlich kommen. Quelle: „Wozu das alles?“ von Christian Uhle

Von Hans Klumbies