Die Kunst verschönert die Welt

Die Kunst wird erst dann zur Lebenskunst, und so lässt sich ein erweiterter Begriff der Schönheit verstehen, wenn der Mensch die Welt verschönert. Mehr noch: wenn der Mensch die Kunst als etwas versteht, was die Welt nicht verschmutzt. Chögyam Trungpa, buddhistischer Lehrmeister, Kalligraf, Kunstphilosoph und Lebemann formuliert in seinen Schriften zur Kunst, worum es geht. Frank Berzbach erläutert: „Er folgt der ostasiatischen Tradition, in der das Gegenteil von schön nicht hässlich ist, sondern in der sich das Böse am anderen Ende der Skala befindet.“ Es entsteht auf diesem Weg eine ethische Dimension der Schönheit. Diese hat nichts mit gefälliger Oberflächenästhetik zu tun. Dr. Frank Berzbach unterrichtet Psychologie an der ecosign Akademie für Gestaltung und Kulturpädagogik an der Technischen Hochschule Köln.

Das Thema Schönheit hat seine Bedeutung verloren

Chögyam Trungpa selbst weist darauf hin, dass diese Sicht keineswegs nur asiatisch sei, sondern findet: „Es ist einfach grundlegend gesund, dass man Dinge ordentlich macht und alles seinen Platz hat. Es bedeutet, den Haushalt wie ein Kunstwerk zu führen. Kunst beginnt zu Hause.“ In seiner Vision von Kunst, welche die Welt verschönert, die immer Lebenskunst ist, spielen Museen, Galerien oder die Kunstszene keine zentrale Rolle mehr. Berufsgruppen, die sich selbst die Adelskrone „Kreative“ aufsetzen oder gar die soziologischen Fantasien einer „kreativen Klasse“, berühren heute das Thema Schönheit kaum noch.

Ihre Akteure haben vielleicht ein Empfinden für Stil. Aber insgesamt sind sie meist Dienstleister wie viele andere auch. Daran ist nichts auszusetzen. Für den universellen Drang, etwas schön zu machen, haben milieuspezifische Unterschiede im Geschmack kaum eine Bedeutung. Jede gesellschaftliche Gruppe hat ihre spezifischen Statussymbole. Sie kämpft um Anerkennung und möchte ihr Prestige erhöhen. Diese Prozesse sind meist abgekoppelt von den Fragen der Schönheit.

Die menschlichen Laster zerstören die Schönheit

Frank Berzbach betont: „Die Schönheit ist von Natur aus antiaggressiv. Sie ist heilsam und sie speichert die Präsenz im Augenblick ihrer Schöpfung. Sie geht nur aus von einem klaren und gelassenen Geist.“ Die Fähigkeit, wirklich still sein zu können – geistig wie körperlich – ist eine ihrer Grundquellen. In Opposition zur Schönheit stehen daher auch der Lärm, die Zerstreuung und der Rausch. Die menschlichen Laster und destruktiven Emotionen verhindern und zerstören die Schönheit.

Ein hassendes Gesicht ist hässlich, es ist geifernd und verzerrt. Der geizige ist voller Missgunst und möchte Dinge lieber zerstören oder in eine Schublade einschließen, als sie zu zeigen. Man kann Bilder für sich malen. Sie vor der Welt gierig verstecken, kein Preis ist hoch genug, nichts führt dazu, sie loslassen zu können – aber auf diesem düsteren Weg mag die Leinwand zeigen, was sie will, ihre Schönheit kommt nicht zum Tragen, erblickt nicht die Welt. Sie ist nur Symptom einer kranken Seele, die in den Krallen der Gier gefangen bleibt und verkümmert. Quelle: „Die Form der Schönheit“ von Frank Berzbach

Von Hans Klumbies