Der Literaturkalender 2021 widmet sich diesmal ganz und gar Momenten der Hoffnung. In diesen grässlichen Zeiten der Corona-Seuche ist das löblich und mehr als verständlich. Auch nach dem Ende einer jeden Diktatur blüht die Hoffnung. Der portugiesische Arzt und Dichter Miguel Torga beschreibt das Ende des Salazar-Regimes durch die sogenannte Nelken-Revolution: „Von Norden nach Süden füllten strahlende Menschenmassen im Sog hemmungslos erneuerter Hoffnung die Straßen. Es war wie ein Traum! … Väter und Söhne, Freunde und Feinde, Gegner und Parteigänger fühlten sich von der gleichen brüderlichen Begeisterungswelle mitgerissen.“ Zora Neale Hurston war in den 1930er Jahren eine der wichtigsten afroamerikanischen Autorinnen. Über die Hoffnung sagt sie folgendes: „Mein Wunsch, wieder zur Schule zu gehen, war nie verstummt … Entschlossen ergriff ich die einzige Waffe, die ich besaß – Hoffnung –, und nahm die Beine in die Hand. Vielleicht würde von nun an alles gut werden.“
Hoffnungen entstehen zwischen Wachen und Schlafen
Einer der wichtigsten Gegner der Apartheid in Südafrika war der Schriftsteller André Brink, der in einem Interview dieses Statement abgibt: „Man lebt in diesem Land, das man liebt, zwischen Vorsicht und der vielleicht verrückten Hoffnung, dass man selber verschont bleibt.“ Es ist ein wehmütiger kritischer Blick, mit dem die neapolitanische Autorin Anna Maria Ortese die hoffnungsvollen Jahre der Intellektuellen im Neapel der Nachkriegszeit beschreibt: „Und so hatte er … den „Panzerkreuzer Potemkin“ in der Kinos der Via die Mille gebracht.“
Anna Maria Ortese fährt fort: “Es war ein unglaublicher Vormittag gewesen, der Saal voll erschütterter, tief verwundeter Gesichter … Es war Frühlingswetter, und der Himmel von Neapel hatte die Farbe eines europäischen Himmels … An jenem Tag waren viele Hoffnungen entstanden, seltsame Hoffnung zwischen Wachen und Schlafen … Der Schweizer Schriftsteller Max Frisch ist nicht so optimistisch: „Wir leben auf einem laufenden Band, und es gibt keine Hoffnung, dass wir uns selber nachholen und einen Augenblick des Lebens verbessern können.
Mögen die Harmonien der Freiheit erklingen
Der österreichische Autor Erich Fried schreibt zwei Jahre vor seinem Tod in seinen Erinnerungen „Mitunter sogar Lachen“: „In der letzten Zeit vor Meinem Tod habe ich allerdings auch mit der Zeit, oder vielleicht auch gegen den Strom der Zeit, herausgefunden, daß die Erkenntnis, nur noch dieses eine Mal Zeit zu haben, nicht ein Todesurteil mit bemessener Galgenfrist ist. Wie lang dieses eine Mal sein wird, das steht ja nicht fest. Es wird vielleicht sogar von der Hoffnung, doch noch länger zu leben, und von der Kraft, mit der man diese Hoffnung verteidigt, wirklich verlängert.“
Der Amerikaner James Weldon Johnson war Jurist, Journalist, Schriftsteller und Songwriter und ein Bürgerrechtsaktivist der ersten Stunde. In seinem Lied „Lift Every Voice and Sing“ heißt es: „Es erhebe ein jeder die Stimme und singe, Auf das Erde und Himmel erklingen, Erklingen in Harmonien der Freiheit. … Singt ein Lied, voll des Glaubens, den das dunkle Einst uns lehrte, Singt ein Lied, voll der Hoffnung, die das Jetzt uns schenkt. Vor uns die aufgehende Sonne unseres neuen Tages, Lasst uns marschieren, bis der Sieg unser ist.“
Der Literatur Kalender 2021
Momente der Hoffnung
Mit Texten und Bildern aus der Weltliteratur
Hg. Von Elisabeth Raabe
Gestaltet von Max Bartholl
60 Bl. / 55 Fotos / farbig / ISBN: 978-3-0360-2021-1, 22,00 Euro
Von Hans Klumbies