Das Erstaunliche an der Geschichte des römischen Weltreichs ist, wie lange es Bestand hatte. Nach der Krise der Republik und dem Bürgerkrieg waren mit Errichtung der monarchischen Ordnung die Grundlagen für sein Überleben für weitere Jahrhunderte gelegt. Bernd Roeck weiß: „Bis in die Regierungsjahre Marc Aurels (161 – 180 n. Chr.) war ihm allein das Partherreich als ernstzunehmender Gegner geblieben.“ In diesem Sinn war es ein „Weltreich“. Marionettenherrscher und Klientelkönige zwischen Schwarzem Meer und Nordafrika halfen, vor den Grenzen Pufferzonen zu schaffen. Die Kaiser mochten Monster wie Nero oder Musterherrscher wie Trajan (98 – 117) sein, über ihren Wechsel hinweg stabilisierte den Staat eine alles in allem gut funktionierende Maschinerie der Verwaltung. Bernd Roeck ist seit 1999 Professor für Neuere Geschichte an der Universität Zürich und einer der besten Kenner der europäischen Renaissance.
Die Germanen drängten über Rhein und Donau
Bernd Roeck erläutert: „Unter jenem Trajan und unter Antonius Pius (138 – 161) herrschte Rom von Britannien bis Afrika, von der iberischen Halbinsel bis zum Persischen Golf, seine Handelsbeziehungen spannten sich bis Südostasien.“ Allerdings konnte das Reich seit dem letzten Drittel des 2. Jahrhunderts nur noch mit Mühe Schutz gewähren. Fremde Völker, die in römischen Quellen oft einfach als „Germanen“ bezeichnet wurden, drängten über Rhein und Donau. Auch an anderen Grenzen, im Atlas, am Euphrat, in Syrien und Nordafrika, sah Rom sich in der Defensive.
Die Umstände begünstigten den Griff von Militärs nach der Macht. Seit der Herrschaft des Maximinus Thrax (235 – 238) bestimmten „Soldatenkaiser“, viele von ihnen aus der ländlichen Welt der Balkanprovinzen, die Geschicke des Reiches. Immer seltener weilten die Cesaren in Rom. Im Innern kam es zu Unruhen und Thronkämpfen. Szenen wie die Versteigerung des Imperatorentitels nach der Ermordung des Pertinax haben sich ebenso ins Gedächtnis gegraben wie zur Karikatur verzerrte Porträts blutrünstiger Ungeheuer auf dem Thron.
Bis zu fünf Rivalen rangen in Rom um die Macht
In Wirklichkeit war das Reich selbst im chaotischen 3. Jahrhundert auch von fähigen Herrschern regiert worden, die sich dem Niedergang redlich entgegenstemmten. Noch immer erfocht das Imperium Siege, die seinen Kaisern prunkende Ehrentitel bescherten. Die Triumphe, nach alter Sitte gefeiert, verwehten dann mit dem Rauch, der von den Scheiterhaufen ihrer Leichenbegängnisse aufstieg und die Namen der Kaiser unter die der unsterblichen Götter trug. Zeichen der Sorge um die Sicherheit selbst der Hauptstadt war die gewaltige Mauer, mit der die Kaiser Aurelian und Probus Rom umschlossen.
Längst war der Punkt erreicht, an dem die Kosten der imperialen Machtentfaltung deren Nutzen für die Gesellschaft übertrafen. Das Imperium wäre vielleicht seiner vielen äußeren Feinde noch länger Herr geworden, hätten sich im Innern nicht mit unerbittlicher Regelmäßigkeit Usurpatoren – etwa Prätorianerpräfekten oder Militärkommandanten der Peripherie – als Gegenkaiser ausrufen lassen. Zeitweilig rangen fünf Rivalen um Macht und Ehren. Römische Legionen lieferten sich untereinander Kriege, anstatt gegen Goten, Markomannen oder Sassaniden zu marschieren. Quelle: „Der Morgen der Welt“ von Bernd Roeck
Von Hans Klumbies