Ludwig Wittgenstein begründet die Sprachanalyse

Ludwig Wittgenstein bezeichnete man als Albert Einstein der Philosophie des 20. Jahrhunderts. Axel Braig stellt fest: „Sein Denken hat den „linguistic turn“, also die Wende der Philosophie hin zur Sprachanalyse eingeleitet.“ Ludwig Wittgenstein erscheint geradezu als ein Paradebeispiel dafür, welch gewaltige Auswirkungen der Verzicht auf eine Gesamtschau der Welt für einen Einzelnen haben kann. Als der österreichische Offizier Ludwig Wittgenstein 1918 aus der Kriegsgefangenschaft entlassen wurde, befand er sich in einer schweren persönlichen Krise. Drei seiner Brüder hatten in den vorangegangenen Jahren Selbstmord begangen. Und auch er trug sich über Jahre wieder mit ähnlichen Gedanken. Sein Millionenerbe empfand Ludwig Wittgenstein als Belastung, sodass er sich im folgenden Jahr davon radikal trennte. Axel Braig wandte sich nach Jahren als Orchestermusiker und Allgemeinarzt erst spät noch einem Philosophiestudium zu.

Der „Tractatus“ war ein umfassender Philosophieentwurf

Aber immerhin brachte er aus der Kriegszeit ein etwa 80 Seiten umfassendes Manuskript mit, das drei Jahre später unter dem Titel „Tractatus logico-philosophicus“ als Buch erschien. Ein großer Teil der darin enthaltenen Anregungen ist den beiden Mathematikern Gottlob Frege und Bertrand Russell geschuldet. Das hat Ludwig Wittgenstein selbst betont. Der „Tractatus“ gilt als einer der bisher letzten umfassenden Philosophieentwürfe. Er ist ohne erhebliches mathematisches Vorwissen sehr schwer lesbar.

Ludwig Wittgenstein schreibt im Vorwort, dass das Buch „die philosophischen Probleme“ behandelt. Und er lässt den Leser wissen, dass ihm „die Wahrheit der hier mitgeteilten Gedanken unantastbar und definitiv“ scheine. Schließlich resümiert er: „Ich bin also der Meinung, die Probleme im Wesentlichen endgültig gelöst zu haben.“ Axel Braig erklärt: „Da er seine selbst gestellte Aufgabe damit als erledigt ansah, wandte sich Wittgenstein konsequenterweise zunächst von der Philosophie gänzlich ab.“

Ludwig Wittgenstein distanziert sich vom „Tractatus“

Ludwig Wittgenstein ließ sich als Grundschullehrer ausbilden und übte diese Tätigkeit über fünf Jahre in kleinen Dörfern abseits von Wien aus. Nachdem er sich durch die körperliche Züchtigung eines Schülers in Schwierigkeiten gebracht hatte, kam er einer drohenden Entlassung durch Kündigung zuvor. Übrigens kehrte Wittgenstein viele Jahre später, als weltberühmter Philosophieprofessor, von sich aus an den Ort zurück, um das Opfer seiner körperlichen Attacke um Entschuldigung zu bitten.

Axel Braig ergänzt: „Nach Beendigung seiner Lehrtätigkeit arbeitete Wittgenstein dann als Gärtnergehilfe, half seiner Schwester bei der Planung eines Wohnhauses und trug sich mit dem Gedanken, in ein Kloster einzutreten.“ Erst ab Ende der 1920er Jahre beschäftigte er sich wieder intensiver mit Philosophie. Ludwig Wittgenstein ging als Dozent nach Cambridge und erhielt dort 1939 eine Professur. In seiner Lehrtätigkeit distanzierte er sich jedoch bald von einer Reihe, der im „Tractatus“ enthaltenen Gedanken. Er sprach selbst von „schweren Irrtümern“, die er in diesem ersten Buch niedergelegt habe. Quelle: „Über die Sinne des Lebens und ob es sie gibt“ von Axel Braig

Von Hans Klumbies