Alle Lust will Ewigkeit

Für Friedrich Nietzsche will die Lust Ewigkeit, aber er meint damit nicht die Ewigkeit eines metaphysischen Elysiums. Sondern es ist die Ruhe, Stille, das glatte Meer und die Erlösung von sich durch die Kunst und die Erkenntnis suchen. Oder es kann auch der Rausch, der Krampf, die Betäubung sowie der Wahnsinn sein. Ger Groot stellt fest: „Es geht Friedrich Nietzsche also nicht um einen „romantischen“, sondern um einen „dionysischen“ Pessimismus, wie er ihn schon in „Die fröhliche Wissenschaft“ beschrieben hat.“ Er verfolgt dabei die Erkenntnis, die in den dionysischen Origen und später in der Tragödie zum Ausdruck kommt und der zufolge Leben, Lust und Leiden zusammengehören. Ger Groot lehrt Kulturphilosophie und philosophische Anthropologie an der Erasmus-Universität Rotterdam. Zudem ist er Professor für Philosophie und Literatur an der Radboud Universität Nijmegen.

Der „Übermensch“ ist kein Egoist

Die Moral, die Friedrich Nietzsche beim „Übermenschen“ vor Augen steht, ist daher auch nicht die des Herrschers, der sich um jeden Preis am Leben erhalten und immerzu die Oberhand behalten will. Gerade er hat gelernt, untergehen zu können, wenn es das Leben so wünscht. So wie das Leben selbst ein Wechsel von Auf- und Untergang ist. Der „Übermensch“ ist auch alles andere als ein Egoist, der sich selbst an die erste Stelle stellt. Er befleißigt sich besonders der Tugend der Großherzigkeit.

Diese äußert sich in der Fähigkeit zur aufrichtigen Bewunderung und Freundschaft. Und er ist sogar bereit, für diese Freundschaft zugrunde zu gehen. Ger Groot fügt hinzu: „Er legt großen Wert auf seine Ehre und schreckt nicht davor zurück, für diese Ehre zu sterben.“ Im Großen und Ganzen scheint Friedrich Nietzsches „Übermensch“ einer Herrenmoral anzuhängen, wie sich vielleicht noch am ehesten im Ehrenkodex des mittelalterlichen Ritterstandes anzutreffen ist.

Sparsamkeit offenbart Engherzigkeit und Schwäche

Friedrich Nietzsche selbst verweist in diesem Zusammenhang lieber auf die „Condottieri“ der italienischen Renaissance. Diese Gruppe war nicht auf Selbsterhaltung aus. Sondern sie wollte sich einem Kräftemessen widmen, das eher an einer Ökonomie der Verschwendung als des Bewahrens ausgerichtet war. Der Ritterstand vergeudete sich selbst und das eigene Vermögen mit Hingabe. Gerade diese Verschwendung war Ausdruck der eigenen Größe und Kraft.

Wohingegen die Sparsamkeit des aufkommenden Bürgerstandes für ein erbärmliches Leben, für Engherzigkeit und Schwäche stand. Deshalb interpretiert Georges Bataille Mitte des 20. Jahrhunderts den „Willen zur Macht“ als einen Willen, der sich selbst dem Hasardspiel der Wirklichkeit ausliefert und sich daran vorbehaltlos beteiligen will. Die Moral des großen Stils hält nichts zurück, sondern spielt sich selbst im Leben aus, in einer großen Geste, ohne jegliche Rückversicherung. Quelle: „Und überall Philosophie“ von Ger Groot

Von Hans Klumbies