Die Hoffnung bringt den Menschen oft Unverhofftes

Hoffnungslosigkeit ist für Uwe Böschemeyer das niederziehende Gefühl, keinen Weg mehr vor sich zu sehen, keine Orientierung, keine Perspektive mehr zu haben, das innere Gleichgewicht zu verlieren, sich nicht mehr zu fühlen – körperlich, seelisch, geistig, sich selbst fremd zu sein, sich als arm zu empfinden, nicht mehr zu wissen, wer man ist, keinen Sinn mehr zu fühlen. Uwe Böschemeyer fügt hinzu: „Wer nicht mehr zu hoffen wagt, ist fixiert auf das Missliche, auf das, was war, was ist und was sein wird, nicht auf das, was werden könnte.“ Im Jahr 1975 erwarb Uwe Böschemeyer bei Prof. Viktor Frankl sein Zertifikat in Logotherapie und Existenzanalyse. 1982 gründete er das Institut für Logotherapie in Hamburg. Die Schwerpunkte seiner Arbeit sind die Wertimagination und die Wertorientierte Persönlichkeitsbildung.

Melancholie äußert sich in tragischem Gebaren

Menschen, die sich nur auf ihre Lebenserfahrung berufen, beschäftigen sich nur mit altem, nie aber neuem, frischen Leben. Sie geben ihrem Leben dadurch keine Chance. Doch es gilt der Satz von J. Cortázar: „Wer nicht zu hoffen wagt, wird dem Unverhofften nie begegnen.“ Die Trotzmacht des Ungeistes dagegen ist der verborgene Widerstand gegen die Hoffnung, das geheime Wüten gegen neue Angebote des Lebens, das bewusst-unbewusste Wegsehen von den Möglichkeiten. Diese Art des Trotzes ist nicht frei von verborgener Lust am Scheitern.

Dieser Widerstand ist ein trostloser Aspekt der Freiheit, dessen unrühmliche Schwester das Selbstmitleid ist. Kaum ein Gefühl aber hemmt die Hoffnung so stark wie diese negative Gefühlskraft, weil sie nicht nach Auswegen sucht. Uwe Böschemeyer ergänzt: „Sie nährt sich durch die bittere Süße einer keineswegs akzeptablen Melancholie. Sie äußert sich in tragischem Gebaren. Viele kennen sie, wenige mögen sie sich eingestehen. Doch wer sein Selbstmitleid überwunden hat, verschafft der Hoffnung helle Kleider.“

Veränderungen machen erst das Menschsein aus

Hoffnung entsteht laut Uwe Böschemeyer, wenn Erinnerungen das Verinnerlichte zum Vorschein bringen. Hoffnung entsteht auch, wenn sich ein Mensch dem stellt, was ist. Wenn er sich nichts mehr vormacht, sich sein Scheitern eingesteht, wenn er so weit wie möglich die Ursache für sein Unglück nicht von sich auf andere schiebt. Wenn er begreift, dass eine Veränderung der Situation nur möglich ist, wenn er bereit ist, für das, was kommt, Selbstverantwortung zu übernehmen. Hoffnung kann auch entstehen, wenn es ums Ganze geht – um Leben oder Tod, innerlich oder äußerlich.

Hoffnung entsteht auch durch Antworten auf die Frage, worauf ein Mensch hoffen kann. Zum Beispiel darauf: „Dass keine Zeit der anderen gleicht, weder im persönlichen Leben noch in der großen Geschichte.“ Des Weiteren kann man darauf hoffen, zu den wechselnden Situationen des Lebens andere Einstellungen als die bisherigen zu finden, also Gegebenes, vielleicht sogar Aufgegebenes neu zu deuten. Denn Menschsein heißt vor allem, sich verändern zu können. Manchmal kommt der Anlass zur Hoffnung auch von außen, wenn man überhaupt nicht damit rechnet. Quelle: „Warum nicht“ von Uwe Böschemeyer

Von Hans Klumbies