Der Stickstoffüberschuss in der Landwirtschaft nimmt wieder zu

In den vergangenen 25 Jahren sind in Deutschland die Nitratgehalte im Trinkwasser zurückgegangen. Doch seit Kurzem bewegt sich die Nitratkurve wieder leicht nach oben. Einer der Gründe dafür ist, dass immer mehr Mais für Biogasanlagen angebaut wird. Zudem wird der Mais häufig überdüngt und bei der Herstellung von Biogas fallen stickstoffreiche Gärreste an, die auf den Feldern ausgebracht werden dürfen. Wenn aus diesen Quellen zu viel Stickstoff in den Boden gelangt, verwandelt sich dieser in Nitrat und belastet das Grundwasser. Friedhelm Taube, Agrarwissenschaftler an der Universität Kiel, erklärt: „Die Böden in Deutschland sind gesättigt. Wir sind derzeit bei einem Stickstoffüberschuss von 112 Kilogramm pro Hektar, dabei waren wir schon bei 96 Kilogramm.“ Der größte Teil des Nitrats stammt aus der Viehwirtschaft.

Mikroalgen verdrängen andere Pflanzen und Tiere

Die Deutschen essen zwar immer weniger Fleisch, dafür wird aber immer mehr für den Export produziert, vor allem Schweinefleisch. Die Gülle, die bei der Tierhaltung anfällt, wird dann auf die Äcker und Weiden ausgebracht. Eigentlich ist der organische Dünger ein wertvoller Stoff, da er den Bauern hilft, Kunstdünger einzusparen. Doch die Pflanzen können Stickstoff ab einer gewissen Menge nicht mehr aufnehmen. Gefährlich für das Grundwasser wird es, wenn Vieh auf durchlässigen Böden gehalten wird, wie etwa auf den Sandböden im Nordwesten Deutschlands.

Laut Umweltbundesamt (UBA) ist die Landwirtschaft für mehr als zwei Drittel aller Stickstoffeinträge in Flüsse und Seen verantwortlich. Außerdem sogar für die Hälfte der Stickstoff-Emissionen, die in die Luft entweichen. Beim Düngen entsteht zudem Lachgas und Ammoniak, die das Klima zusätzlich schädigen. Die Folgen der Überdüngung sind verheerend: Mikroalgen wuchern und bilden an den Nord- und Ostseestränden unappetitliche Schaumteppiche. Sie trüben das Wasser ein und verdrängen andere Pflanzen und Tiere.

Stickstoffeinträge schädigen gravierend die Biodiversität

Im Sommer entsteht ein so großer Mangel an Sauerstoff, dass bodenlebende Wassertiere regelrecht ersticken. Das Leibniz-Institut für Ostseeforschung warnt: „Die Stickstoffüberschüsse sind das verdrängte Umweltthema.“ Auf dem Land leiden rund 80 Prozent der natürlichen und naturnahen Ökosysteme unter dem Überschuss an Nährstoffen. Zudem versauern die Böden unter dem Einfluss von zu viel Stickstoff. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen kritisiert: „Stickstoffeinträge sind die größten Treiber für die Abnahme der Biodiversität.“

Schon im Jahr 2009 hat eine Studie des Stockholmer Resilience Center gewarnt, dass die weltweiten Stickstoffkreisläufe zu kippen drohen. Eigentlich verkraftet die Erde pro Jahr nur 35 Millionen Tonnen Stickstoff, derzeit liegt der Eintrag allerdings bei mehr als 120 Millionen Tonnen. Allein in China sind seit 1980 die Stickstoff-Emissionen um 60 Prozent gestiegen. Die Welternährungsorganisation (FAO) rechnet sogar damit, dass der Verbrauch an mineralischen Düngern bis zum Jahr 2050 weltweit noch einmal um 50 Prozent ansteigen wird. Quelle: Süddeutsche Zeitung

Von Hans Klumbies