Der Lebensschwung beansprucht Dynamik

Das Titelthema des neuen Philosophie Magazin 05/2023 beschäftigt sich diesmal mit der Frage: „Woher kommt der Lebensschwung?“ Wodurch die Existenz ins Schwingen gebracht wird, ist ganz unterschiedlich. Das kann eine Berührung sein oder eine Begegnung mit einem Menschen. Für Chefredakteurin Svenja Flaßpöhler ist jedoch eines ganz grundsätzlich klar: „Das Ja zum Leben – die Lebendigkeit – muss mit einem Mehr, mit einem Überschuss zu tun haben. Mit Momenten, die nicht einfach dem biologischen Lebenserhalt dienen, sondern den Sinn der Existenz unmittelbar fühlbar machen.“ Während der Lebensschwung Dynamik beansprucht, ist ein Dasein, das sich in Arbeit und Pflichterfüllung erschöpft, starr. Heutzutage stehen sich zwei Existenzformen diametral gegenüber: Auf der einen Seite die Pflicht, auf der anderen Seite die Lust. Der Lebensschwung weist auf einen dritten gangbaren Weg hin. Regel und Freiheit, Pflicht und Lust sind in ihm dialektisch verschränkt zu einer ganz anderen Existenzweise.

Der Lebensschwung ist die Kraft des Lebens selbst

Der Lebensschwung ist jedoch ohne eine gewisse Regelhaftigkeit, die sich bereits in Gewohnheiten zeigt, kaum vorstellbar. Doch ist die Regel nie Selbstzweck. Sie ist es, die der Lebendigkeit, der Spontaneität und der Lust am Neuen, dient. Geht die Lebendigkeit verloren, ist es höchste Zeit, die Regeln zu ändern. Denn ein Mensch, der lebendig ist, lebt nicht nur. Er entwickelt sich, schöpft im Scheitern neue Kraft, steht in einer intensiven Beziehung zur Welt.

Das Konzept des „élan vital“, zu Deutsch Lebensschwung, ist eine tragende Säule der Philosophie Henri Bergsons (1859 – 1941). Er zählt zu den Vätern der sogenannten Lebensphilosophie. „Der Lebensschwung, von dem wir sprechen“, so Bergson in seinem Hauptwerk „Schöpferische Evolution“, „besteht aufs Ganze gesehen in einem Schöpfungsverlangen.“ Der Lebensschwung beschreibt einen Drang zu einer Vorwärtsbewegung, unbestimmt in Herkunft und Ziel. Als solcher ist er kein leitendes Lebensprinzip, sondern die Kraft des Lebens selbst.

Die Philosophie dient der logischen Klärung der Gedanken

„Welche Arbeit macht uns zu souveränen Demokraten?“ Über diese Frage diskutiert Bundeskanzler Olaf Scholz mit dem Philosophen Axel Honneth. Olaf Scholz behauptet: „Wer sich nicht vorstellen kann, dass ein Hilfsarbeiter oder eine Verkäuferin über ein genauso gutes politisches Urteil verfügt wie ein Hochschullehrer, hat ein Problem, dass für die Demokratie zu Schwierigkeiten führt.“ Axel Honneth vertritt unter anderem folgende These: „Ein faires System der gesellschaftlichen Arbeitsteilung ist die zentrale Voraussetzung für eine gleichberechtigte Teilhabe an der politischen Willensbildung.“

Auf dem Olymp der Klassiker thront diesmal Ludwig Wittgenstein. Sein 1918 geschriebenes Werk „Tractatus logico-philosophicus“ machte ihn zum zentralen Ausgangspunkt der Analytischen Philosophie. Ludwig Wittgenstein schreibt: „Der Zweck der Philosophie ist die logische Klärung der Gedanken.“ Wichtig für diese Klärung ist die Unterscheidung von „Sagen“ und „Zeigen“. Sätze, die etwas „sagen“, können für Ludwig Wittgenstein wahr oder falsch sein. Für Sätze der Logik gilt das nicht.

Von Hans Klumbies