Impfen kann den Tod vieler Kinder verhindern

Eine falsche Vorstellung von Reinheit treibt auch radikale Impfgegner aus dem progressiven Bürgertum an. Diese gehen manchmal geradezu religiös und sogar militant gegen Erkenntnisse der Wissenschaft vor. Warum kritisieren sie nicht andere Bereiche der Medizin, sondern haben sich gerade das Impfen ausgesucht? Philipp Hübl nennt eine mögliche Antwort: „Auch hier geht es um Schutz und Reinheit.“ Wieder schrillen die Alarmglocken auf, weil etwas Fremdes und „Unnatürliches“ in den Körper der Kinder gelangt. Damit scheint ihr Wohl auf dem Spiel zu stehen. Tatsächlich ist es umgekehrt. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) sterben jährlich weltweit über 1,5 Millionen Kinder an Krankheiten, die man durch Impfungen verhindern könnte. Philipp Hübl ist Philosoph und Autor des Bestsellers „Folge dem weißen Kaninchen … in die Welt der Philosophie“ (2012).

Pocken sind seit vierzig Jahren vom Erdball verschwunden

Daher führt die WHO Zögerlichkeit beim Impfen inzwischen als eine der weltweit zehn größten Gefahren für die Gesundheit an. Dazu zählen ebenso Ebola, Dengue-Fieber und massive Luftverschmutzung. In Deutschland sind es zum Beispiel Masern, die immer noch zu Todesfällen führen. Würde man alle Kinder konsequent impfen, wären Masern hierzulande längst ausgerottet. Polio, die Kinderlähmung, die noch bis in die Fünfzigerjahre viele Opfer forderte, tritt dank der Impfung weltweit kaum noch auf.

An Pocken beispielsweise sind noch im 20. Jahrhundert schätzungsweise 300 Millionen Menschen gestorben. Diese Vireninfektion ist durch Pflichtimpfungen seit vierzig Jahren vom Erdball verschwunden. Philipp Hübl weiß: „Umgekehrt ist bisher kein Fall nachgewiesen, bei dem ein Kind durch eine Impfung gestorben ist – entgegen jenen Impfmythen, die Eltern vom Gang zum Arzt abschrecken.“ In Deutschland halten immerhin etwa zehn Prozent der Einwohner Impfungen für gefährlich. Es ist jedoch keine Frage des Bildungsstands, wenn Impfgegner ihre Kinder unnötigen Gefahren aussetzen – verantwortlich sind vielmehr hypersensible Emotionen.

Lichtfasten kann gefährlich sein

Akademiker mit einem Sinn für Naturwissenschaft vertrauen auf die Forschung und damit auf die Impfung. Wer wenig gebildet ist, vertraut auf die Autorität der Ärzte. Die dritte Gruppe der Gebildeten mit Gaia-Überzeugungen ist selbstsicher genug, sich dieser Autorität zu widersetzen. Sie sind aber nicht genug wissenschaftlich informiert, die Gefahren ihrer Handlungen zu erkennen. Natürlich sind nicht alle Gaia-Überzeugungen der spirituellen Linken gefährlich.

Philipp Hübl stellt fest: „Ein Interesse für Yoga, alternative Medizin und Spiritualismus macht Menschen oft entspannter, offener, umgänglicher und mitfühlender.“ So ist Achtsamkeitsmeditation beispielsweise bei der Behandlung von Depressionen laut einigen Studien genauso wirkungsvoll wie Psychopharmaka. Zudem hat sie weniger unerwünschte Nebenwirkungen. Doch sobald Gaia-Überzeugungen ideologisch werden, droht Gefahr. Lichtfasten ist zum Beispiel die Idee, sich von Sonnenlicht zu ernähren. Inzwischen haben leider einige Menschen in ihrem Vertrauen auf die Lichtnahrung auf konventionelles Essen verzichtet und sich damit zu Tode gehungert. Quelle: „Die aufgeregte Gesellschaft“ von Philipp Hübl

Von Hans Klumbies