Der Tod flößt stets Angst ein

Oft begegnet man dem Tod als Strafe, besonders als Gottesstrafe. Michael Wolffsohn fügt hinzu: „Nie ist der Tod gewünscht oder erwünscht oder gar Erlösung. Bestenfalls „bitter“ ist der Tod. Stets flößt er Angst ein, auch wenn er nicht als Strafe gedacht ist.“ Besonders beängstigend war schon immer die Tatsache, dass auch die ganz Starken unter den Lebenden dem Tod nicht entrinnen können. Kurzfristig jedoch kann der Mensch sehr wohl dem Tod entrinnen, nicht jedoch langfristig. Alle sterben. Nicht nur der Tod ängstigt, das Sterben mindestens ebenso. Die Auferstehung der Toten ist die große Ausnahme und eben nicht menschenmöglich, sondern gottgewollt. Prof. Dr. Michael Wolffsohn war von 1981 bis 2012 Professor für Neuere Geschichte an der Universität der Bundeswehr in München.

Der Tod ist das Thema in den Dramen der Antike

Das Totenreich als Paradies oder Hölle wird im Alten Testament gar nicht erwähnt, im Neuen Testament nicht zentral, im Koran durchaus, aber auch nicht oft. Die paradiesischen Bilder vom Totenreich als Blumengarten findet man dann vor allem im Mittelalter. Auch bei den alten Griechen konnte und durfte keiner ins Totenreich. Nur Orpheus gelang es durch Betörung. Er wurde allerdings dadurch nicht glücklicher und die Wiederbelebung seiner Frau war auch nicht von Dauer.

Kein Tabu, sondern ebenfalls das Thema schlechthin ist der Tod in den Dramen der klassischen Antike. Im altgriechischen Mythos der „Antigone“ stellt Sophokles den Tod als zeitlose Menschheitstragödie dar. Hier ist nicht nur der Tod das zentrale Thema, sondern vor allem auch die Bestattung des Toten. Antigone, die Tochter des Ödipus, begrub ihren gefallenen Bruder Polyneikes gegen das Verbot von König Kreon und wurde dafür lebendig eingemauert.

William Shakespeare beschreibt den Tod als Schlaf

Ihr Verlobter Haimon, Kreons Sohn, tötet sich in Verzweiflung. Die Botschaft jener Tragödie ist eindeutig. Michael Wolffsohn erläutert: „Ein menschlicher Mensch bricht für die Erfüllung einer gottgewollten Pflicht, nämlich der Bestattung der Toten, Menschengebote oder Menschenverbote. Die Bestattung der Toten als moralisch allgültige Pflicht durch den allmächtigen Gott oder der Götter. Zahllos sind die späteren Verarbeitungen dieses klassischen Stoffes.

Und weshalb ist dieser Stoff klassisch? Weil er zeitlos Menschliches behandelt, das Thema des nur zeitlich befristet lebenden, endlichen Menschen: also dem Tod. Leicht fündig wird man auch bei allen großen Dichtern der Weltliteratur. Etwa William Shakespeare. In seinem Drama „Der Sturm“ beschreibt er den Tod als Schlaf, der das kleine Leben eines Menschen umrahmt. Der Tod als Schlaf, ein klassisches und zugleich beruhigendes Bild, das die Tabuisierung des sonst so beunruhigen Todes unnötig werden lässt. Man findet dieses Bild in der Antike und nicht zuletzt auch bei Gotthold Ephraim Lessing. Quelle: „Tacheles“ von Michael Wolffsohn

Von Hans Klumbies