Die Digitalisierung ist eine Herausforderung

Im Zuge der digitalen Revolution erleben die Menschen heute einen öffentlichkeitswirksamen Bewusstseinswandel. Immer wieder liest man von den Herausforderungen der Digitalisierung und den Gefahren. Aber es gibt auch Hoffnungen, die mit dem technischen Fortschritt wie der künstlichen Intelligenz verbunden sind. Markus Gabriel ergänzt: „Aus unserer alltäglichen Erfahrung kennen wir den Eindruck einer zunehmenden gesellschaftlichen Beschleunigung.“ Das hängt sicherlich mit dem exponentiellen Wachstum der Rechenleistungen der Computer zusammen. In diesem Kontext wirkt „die These vom erweiterten Geist“ besonders plausibel. Sie besagt, dass die menschliche psychologische und mentale Wirklichkeit längst nicht mehr auf den Leib eines Menschen beschränkt ist. Markus Gabriel hat seit 2009 den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne. Zudem ist er dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

Das Smartphone speichert die Erinnerungen

Sondern sie dehnt sich in andere Denkgeräte hinein aus. Das Smartphone dient nicht nur als Erinnerungshilfe, sondern übernimmt Funktionen der körperinternen Erinnerungsspeicherung. So erinnert man sich etwa daran, etwas auf dem Smartphone notiert zu haben, ohne sich die Information ausdrücklich merken zu müssen, die man notiert hat. Oder man hinterlegt im Onlinewarenkorb oder einer Wunschliste etwas, das man zwischenzeitlich vergisst.

Die Aufzeichnungssysteme bestimmen den Menschen selber wesentlich mit. Da er ohnehin nicht alles, was zu ihm als Subjekt gehört, jederzeit bewusst präsent hat. Warum, so fragen die Verfechter des erweiterten Geistes, sollte man dann seinen Geist überhaupt noch prinzipiell an den eigenen Körper binden? Markus Gabriel stellt fest: „Auf dieser Grundlage ist es nicht mehr allzu weit bis zu der Annahme, dass unsere Geistprothesen irgendwann die Kontrolle über die geistige Wirklichkeit ergreifen könnten.

Eine Superintelligenz ist nur reine Wahrscheinlichkeit

Diese Annahme wird teils mit der Hypothese der Superintelligenz verbunden, die Nick Bostrom besonders prominent durchgespielt hat. Eine Superintelligenz ist dann erreicht, wenn eine K. I. in einer oder gar allen Denktätigkeiten dem Menschen an Intelligenz weit überlegen ist. Und zwar so weit, dass die Menschen die internen Denkmechanismen einer solche Superintelligenz weder verstehen noch gar kontrollieren können. Die Argumente für und wider die Möglichkeit einer Superintelligenz drehen sich allesamt um Wahrscheinlichkeiten.

Diese wurden auf der Basis der Geschwindigkeit des technischen Fortschritts formuliert. Dass Computerprogramme wohlformulierte Probleme effizienter lösen als ein Mensch, gilt nicht nur für Schachprogramme. Das Programm, das Markus Gabriel benutzt, um ein Buch zu schreiben, löst das Schreibproblem viel besser als seine Hand, da es dank ihm leichter ist, seinen Text in ein Buch zu übersetzen. Außerdem schreibt man viel schneller auf einem heute handelsüblichen Computer als per Hand oder auf einer Schreibmaschine. Quelle: „Der Sinn des Denkens“ von Markus Gabriel

Von Hans Klumbies