Spiel ist schöpferisches Tun und Zeit der Eroberung

„Denn … der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“ Friedrich Schiller weist dem Spiel mit diesen Worten eine herausragende Rolle in seinem idealen Programm zur ästhetischen Erziehung des Menschen zu. Dieses strebt eine schöpferische und glückliche Subjektivität an, wo Leidenschaft und Vernunft, das Schöne und das Gute endlich in erhoffter Harmonie zusammen existieren können. Isabella Guanzini weiß: „Wenn man spielt, vergessen die unterschiedlichen Seelenvermögen ihre Konflikte und Eifersüchteleien. Und alles nimmt einen leichteren Ton an, ohne an Intensität zu verlieren.“ Es ist als gewänne das Spiel jedes Mal diese ursprüngliche Dimension des Lebens zurück. Isabella Guanzini ist Professorin für Fundamentaltheologie an der Universität Graz.

Spiel ist ein Raum puren Lebens und purer Erfahrung

Dies geschieht immer dann, bevor der unschuldige Blick auf die Welt verloren geht. So spricht auch Georg Wilhelm Friedrich Hegel von der Indifferenz des Spiels. Denn dieses sei in seinem größten Leichtsinn zugleich der erhabenste und der einzig wahre Ernst. In der Kindheit ist das Spiel eine ziemlich ernsthafte Angelegenheit. Man kann dort seine Erfahrungen mit der Welt auf eine besondere Art machen. Kinder dulden keine Ablenkung von ihrer Beschäftigung. Und das gemeinsame Spiel wird sogar zu einem grausamen Mittel der Unterscheidung zwischen Freunden und Nichtfreunden.

Das aus dem Spiel ausgeschlossene Kind ist ein Abbild der sozialen Ausgrenzung in der Erwachsenenwelt, mit all den damit einhergehenden Dramen. Spiel ist keine Freizeit, wie die Erwachsenen es nennen. Sondern es ist eine Zeit des schöpferischen Tuns und der Eroberung, wo alles vorhanden ist. Nämlich Freude und Schmerz, Anstrengung und Entspannung, Weichheit und Härte. Das Spiel ist einfach die Aktivität der Kindheit ohne Trennung von Aufgabe und Leistung. Denn es ist ein Raum puren Lebens und purer Erfahrung.

Das Spiel sorgt für ein Gefühl der Sorglosigkeit

Spielen ist eine Aktivität, welche die Zeit der Zerstreuung und Erholung von den täglichen Mühen belebt. Dies geschieht im Sinne einer praktischen Unproduktivität und des grundlegenden materiellen Desinteresses. Im Spiel eröffnet sich eine Welt vielfältiger Möglichkeiten, die zwischen Passivität und Aktivität, zwischen Ernsthaftigkeit und Leichtfertigkeit schwingt und wo das Spiel zum „Weltsymbol“ wird. Das Spiel ist ein Moment, in dem eine glückliche Synthese von Regeln und Freiheit erlebbar ist.

Im Spielen eröffnet sich ein Raum des Unbestimmten zwischen der Starrheit eine gegebenen Struktur und der Freiheit der möglichen Bewegungen. Isabella Guanzini fügt hinzu: „Auf der einen Seite müssen wir uns gehorsam seinen Regeln unterwerfen, auf der anderen Seite erleben wir ein Gefühl der Freiheit und Sorglosigkeit.“ Selbst wenn man anfangs vom Spiel mitgenommen, gespielt wird – gilt das nicht auch für das Spiel des Lebens? –, so spielt jeder doch auch in seinem Stil gemäß seinem Charakter. Quelle: „Zärtlichkeit“ von Isabella Guanzini

Von Hans Klumbies