Gerhard Schick macht auf die Instabilität der Märkte aufmerksam

Die Instabilität der Finanzmärkte ist kein Zufall, da sie anders funktionieren als andere Märkte. Gerhard Schick erklärt: „Im Kern geht es darum, dass die Akteure an den Finanzmärkten wie eine aufgescheuchte Kuhherde in die eine und andere Richtung laufen und dabei regelmäßig erkennbar weit über die Werte hinausgehen, die ökonomisch noch als sinnvoll bezeichnet werden können.“ George Akerlof und Robert Shiller erklären solche Entwicklungen in ihrem Buch „Animal Spirits“ mit der Irrationalität menschlichen Verhaltens. Doch irrationales Verhalten gibt es überall. In normalen Märkten macht das aber nicht so viel aus, weil es Bremsmechanismen gibt. Die Kauflust wird zum Beispiel durch ein begrenztes Budget eingeschränkt. Der grüne Politiker Gerhard Schick zählt zu den versiertesten Ökonomen im Deutschen Bundestag.

Auf normalen Märkten gibt es negative Rückkopplungen

Entscheidend ist, dass an den Finanzmärkten aus den Irrationalitäten vieler Einzelner eben nicht stabile Märkte entstehen, indem die Irrationalitäten der einen und der anderen sich ausgleichen. Normalerweise gibt es negative Rückkopplungen: Wenn von einem Gut viel verkauft wird, steigt der Preis, und die Menschen fangen an, davon weniger zu kaufen, weil es ihnen zu teuer wird. Anders stellt es sich laut Gerhard Schick an den Finanzmärkten dar: „Gerade dann, wenn der Preis steigt, freuen sich viele auf weitere Preissteigerungen, kaufen weiter – und schwups, landen wir in einer Blase.“

Auch die Eigenlogik eines Bewertungssystems an Märkten spielt eine Rolle. So beschreibt John Maynard Keynes in seiner „Allgemeinen Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes“, dass man dann am meisten profitiert, wenn man sich in Hinblick auf die Gewinnaussichten fragt, welche Meinung die meisten Leute über die Markteinschätzung der meisten Leute haben. Selbst wenn man meint, der Preis sei ökonomisch zu hoch, lohnt es sich, weiter zu investieren, wenn man davon ausgeht, dass andere weiter kaufen werden.

Der Finanzsektor hat enorm an Bedeutung gewonnen

Schlimmer noch: Diejenigen, die eine vernünftige Wertschätzung haben, geraten ökonomisch ins Hintertreffen, weil sie weniger Rendite bringen als diejenigen, die sich voll auf den Trend orientieren. Gerhard Schick erläutert: „Fonds, Banken oder Aktienhändlern mit konservativem Wertansatz werden dann die Mittel entzogen, während die riskanter agierenden Akteure mehr Anlagegelder anlocken können.“ Herdenverhalten auf den Finanzmärkten hat es schon immer gegeben. Dies gibt es auch ein Stück weit auf anderen Märkten.

Gefährlich wird es dann, wenn die Finanzmärkte größer, vernetzter und schneller werden. Und genau diese Entwicklung hat in den letzten dreißig Jahren stattgefunden. Und die Auswirkungen, die Fehlentwicklungen in einem Markt auf andere Märkte haben, haben deutlich zugenommen. Der Finanzsektor hat in den letzten Jahrzehnten enorm an Bedeutung gewonnen. Ein Indikator für dieses Wachstum ist der Wert der ausstehenden Finanzaktiva wie Aktien, Wertpapiere oder Derivate. Im Jahr 1980 belief sich diese Summe auf das Fünffache der jährlichen Wirtschaftsleistung der USA, 2005 bereits auf das Zehnfache. Quelle: „Machtwirtschaft nein danke!“ von Gerhard Schick

Von Hans Klumbies