Die meisten Menschen wollen gesund leben, doch sie haben einen starken Gegner: das süße, fettige Essen. Backshops, Dönerläden, Restaurants sind ständig in der Nähe. Die Versuchung lauert überall – und sie lässt nicht nach, denn die meisten Körper spüren nicht mehr, wann sie genug haben. Beim Essen ist die Intuition verloren gegangen. Gudrun Sproesser, Gesundheitspsychologin an der Universität Konstanz, forscht seit einigen Jahren zum Thema „Warum wir essen, was wir essen.“ Sie erklärt: „Intuitives Essen ist als uneingeschränktes Essen definiert, das sich auf Hunger und Sättigung verlässt und aufgrund von physiologischen und nicht wegen emotionaler Gründe stattfindet.“ Die Medien und die Werbung transportieren allerdings ganz andere Informationen. Die Menschen sollen nur noch ganz bestimmte Sachen essen, um dadurch immer vitaler, schöner und schlanker zu werden.
Fünfzig Prozent der Frauen sind mit ihrem Körper unzufrieden
Vor einigen Jahrzehnten spielte Essen noch eine ganz andere Rolle. Gudrun Sproesser erläutert: „In der Vergangenheit wurde Essen mehr mit Vergnügen verbunden. Heute wird es von vielen Menschen mit Bedenken und Sorgen verbunden, weil gerade der Druck, dünn zu sein, sehr hoch ist. Die Medien sind voll vom Schlankheitswahn, was dazu führt, dass es fast schon als normal gilt, eine Diät zu halten, vor allem für Frauen.“ Umfragen bestätigen, dass die Hälfte der weiblichen Bevölkerung unzufrieden mit ihrem Körper ist.
Warum ist die Fähigkeit, intuitiv zu essen, bei den meisten Menschen verloren gegangen? Zum einen ist man ununterbrochen verlockenden Essensangeboten ausgesetzt. Zum anderen ist man nicht mehr dann, wenn man Hunger hat, sondern ordnet sein Essverhalten einem festen Zeitschema unter. Der Arbeitgeber oder die Schulglocke bestimmen die Mittagspause. Man trainiert seinen Körper also darauf, zu bestimmten Zeiten Bedarf nach Essen zu signalisieren. Wenn ein Mensch wütend, einsam oder verzweifelt ist, versucht er zudem manchmal, dies mit Essen zu kompensieren.
Diäten machen langfristig dick
Gleichzeitig kontrollieren viele Menschen ihr Essverhalten ganz genau. Die Ernährungsberaterin Nicole Jäger stellt fest: „Wir haben den Zugang zu uns selbst verloren, weil Essen einen Stellenwert erlangt hat, der fast schon bösartig ist und den es nicht haben sollte.“ Viele Menschen haben Angst, dass man unkontrolliert zunimmt, wenn man dem Körper immer wirklich das gibt, was er gerne hätte. Doch eine neue Studie der Universität Konstanz zeigt das Gegenteil. Gudrun Sproesser klärt auf: „Wir haben eine Skala zu positivem Essverhalten entwickelt, die zeigt, dass Menschen, die ein entspanntes Verhältnis zum Essen haben, im Schnitt sogar gesünder essen, bessere Blutfettwerte haben und etwas schlanker sind.“
Regeln und Verbote sind keine Hilfsmittel, um sein Wohlfühlgewicht zu erlangen, sondern sinnlose Sackgassen. So sieht es Mareike Awe, Mitbegründerin des Ernährungsprogrammes intueat: „Der Hauptgrund, warum sich Menschen in ihrem Körper langfristig unwohl fühlen, sind Diäten. Dabei versucht man, durch äußere Regeln sein Essverhalten zu bestimmen, und das zerstört das gesunde Verhältnis zu den eigenen Köpersignalen und das Vertrauen in den Körper.“ Die Wahrheit ist: Diäten machen langfristig dick. Quelle: Welt Kompakt
Von Hans Klumbies