Dante hatte 19 Jahre in der Verbannung verbracht

Dante wurde zwar 1265 in Florenz geboren, doch starb er 1321 in Ravenna, wo er auch begraben lag. Und die dortigen Machthaber weigerten sich seit fast anderthalb Jahrhunderten standhaft, die kostbaren Überreste an den Arno überführen zu lassen. Volker Reinhardt ergänzt: „Selbst politische Zugeständnisse und verlockende Geldgeschenke vermochten sie nicht zu erweichen.“ Dante hatte die letzten neunzehn Jahre in der Verbannung verbracht. Nach seinen Worten als „exul immeritus“, als zu Unrecht Vertriebener. Dafür hatte er sich an seiner Heimat mit den Waffen, die er wie kein anderer beherrschte, gerächt. Mit anklagenden Versen, die Florenz zum Hort des Bösen dämonisierten. Das Gegenteil davon ist im Dom zu sehen und zu lesen. Volker Reinhardt ist Professor für Geschichte der Neuzeit an der Universität Fribourg. Er gehört international zu den führenden Italien-Historikern.

Dante wird als Gralshüter der Freiheit betrachtet

1465 war für die Medici, die Florenz seit einunddreißig Jahren hinter den Kulissen beherrschten, ein schwieriges Jahr. Cosimo de` Medici, der 1334 die Macht seines Hauses und seiner Partei gegründet hatte, war im Jahr zuvor verstorben. Zudem beriefen sich die Gegner der Medici bei deren Anklage gegen deren Tyrannei gerade jetzt wieder auf Dante. Sie betrachteten den Dichter als Gralshüter der Freiheit und der moralischen Werte in der Politik.

Es war also an der Zeit, die endgültige Verschmelzung Dantes mit siener Heimat zu zelebrieren. Die Vereinnahmung durch rivalisierende Parteien aller Art prägte das Nachleben des Dichters, über das mehr bekannt ist als über sein Leben selbst. Seine Familie gehörte zum weiteren Kreis der florentinischen Führungsschicht, die sich im turbulenten 13. Jahrhundert neu zusammengesetzt hatte. Nach heftigen Kämpfen war bis 1282 die alte Elite feudaladligen Ursprungs von neuen Familien verdrängt worden.

Ab 1266 war Florenz „guelfisch“

Diese waren in Handel und Gewerbe reich geworden und setzen ihre ökonomische Potenz jetzt in politische Macht um. Volker Reinhardt weiß: „Das Ringen um die Hoheit in Florenz und damit in einem Großteil der Toskana wurde ideologisch vor allem von den Parteien der Ghibellinen und der Guelfen ausgefochten.“ Diese überregionalen Interessenverbände beriefen sich zwar auf ihre Loyalität zum Kaiser (Ghibellinen) beziehungsweise zum französischen König und dem Papst (Guelfen).

Diese diente jedoch ganz überwiegend der Sicherung der lokalen Herrschaftsverhältnisse. Der Kern aller politischen Gruppierungen blieb der Familienverband. Dieser erweiterte sich durch Verwandtschaft und Verschwägerung zu Netzwerken zwecks Wahrung gemeinsamer Interessen. Ab 1266 war Florenz „guelfisch“, und das sollte auch in Zukunft so bleiben. Die inneren Unruhen waren damit aber nicht beigelegt, denn die siegreiche Partei war viel zu groß. Und den Sieg über die Ghibellinen nahmen so viele einflussreiche Familien für sich in Anspruch, dass Auseinandersetzungen um Führungspositionen unvermeidlich wurden. Quelle: „Die Macht der Schönheit“ von Volker Reinhardt

Von Hans Klumbies