Johannes Gutenberg erfindet den Buchdruck

Im Jahr 1450 erfindet Johannes Gutenberg den Buchdruck und löst damit eine Revolution der schriftlichen Kommunikation aus. Diese kommt an Wirkmächtigkeit dem durch das Internet und die elektronischen Medien ausgelösten Umbruch gleich. Im Jahr 1453 läutet die Eroberung Konstantinopels durch das türkische Heer das Ende des oströmisch-byzantinischen Reiches ein. Dies führt zu einer Neuorientierung Europas in Richtung Westen. Jürgen Wertheimer ergänzt: „1492: Kolumbus entdeckt Amerika und löst damit einen Prozess aus, der die globalen Machtverhältnisse dauerhaft verändern wird. Europa übernimmt in der Folgezeit das Kommando über die Welt.“ „Kein Reich, keine Religion, kein Stern hatte größeren Einfluss auf die menschlichen Angelegenheiten als Buchdruck, Schießpulver und Kompass“, jubelte Francis Bacon 1620 in seinem „Novum Organum“. Jürgen Wertheimer ist seit 1991 Professor für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft und Komparatistik in Tübingen.

Das Internet ermöglicht völlig neue Formen der Kommunikation

Mark Twain ging im Jahr 1900 anlässlich des 500. Geburtstags von Johannes Gutenberg noch einen Schritt weiter. Er zögerte nicht, vom „größten Ereignis der Geschichte“ zu sprechen. Ob man tatsächlich Superlative dieser Art verwenden muss, sei dahingestellt. Heutzutage wäre man geneigt, dem Durchbruch des Internets eine ähnlich bahnbrechende Wirkung zuzuschreiben. Obwohl dieser Vergleich etwas hinkt. Die elektronischen Technologien generierten tatsächlich neue, bis dahin für unmöglich erachtete Formen der Kommunikation.

Im Fall des Buchdrucks verhält es sich umgekehrt – die Message suchte sich und fand ihr Medium. Fakt ist, dass diese Erfindung zum genau richtigen Zeitpunkt kam. Nämlich als breitere Bevölkerungsschichten nach einem Mehr an Informationen, an Wissen auf allen Gebieten verlangten. Das aufstrebende Bürgertum insbesondere in den Städten meldete seine intellektuellen Ansprüche an. International tätige Handelshäuser oder das Handelsimperium der Hanse begünstigten das Verlangen nach umfassender Weltkenntnis, nach gesteigerter Lesekultur.

Die Predigten waren nur für den Moment gedacht

Jürgen Wertheimer blickt zurück: „Bereits im Mittelalter wurden gelegentlich verschiedene Druck- und Stempeltechniken erprobt. Offenbar bestand jedoch noch kein dringliches Interesse an dieser Technologie.“ Die Schleusen der Wissensvermittlung an breitere Schichten waren noch nicht wirklich geöffnet. Die Kathedralen waren Bilderbibeln und die lateinischen Rituale der Kirche nur einem kleinen Kreis Kundiger verständlich. Die Predigten waren nur für den Moment gedacht.

Für viele, für die Allermeisten war die eigenständige, mehrfache Lektüre und kritische Auseinandersetzung mit einem Text schlicht undenkbar. Auch die bis dahin verwendeten Holzdrucke waren zu aufwendig und langwierig, um Lesestoff in großer Menge und zeitnah unter die Leute zu bringen. Erst Johannes Gutenbergs Idee der Zerlegung des Textes in Einzelelemente brachte den Durchbruch. Durch den Einsatz seriell gefertigter, beweglicher Lettern war es möglich, die wachsende Nachfrage auf ökonomisch vertretbarer Basis zu befriedigen. Quelle: „Europa“ von Jürgen Wertheimer

Von Hans Klumbies