In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts haben die Familien in Deutschland viel Rückenwind gehabt. Der damit verbundene fürsorgliche Umgang mit den Kindern macht den Neuen Rechten jetzt tatsächlich zu schaffen. Herbert Renz-Polster erklärt: „Die Alternative für Deutschland (AfD) ihr Problem selbst: Es fehlt der politische Nachwuchs. Es fehlen aber auch die Frauen.“ In den meisten Bundesländern stimmen nicht einmal sieben Prozent der Frauen für die AfD. Damit wird man keine Gesellschaft umbauen können. Man könnte es auch so sagen: Ja, in Deutschland gibt es ein Problem mit dem Rechtspopulismus, aber es gibt hierzulande auch einen wunderbaren Schutz. Den effektivsten und einzig nachhaltigen, den es gibt: Kindheitsressourcen. Der Kinderarzt Dr. Herbert Renz-Polster hat die deutsche Erziehungsdebatte in den letzten Jahren wie kaum ein anderer geprägt.
Die Bildungschancen der Migranten haben sich verbessert
Das Zahlen unterstreichen das: Zwischen 2002 und 2016 ist der Anteil der Menschen mit einem geschlossenen rechtsextremen Weltbild von 9,8 auf 5,2 Prozent abgefallen („Mitte“-Studie der Universität Leipzig. In den westlichen Bundesländern fiel die Rate von 11,3 auf 4,8 Prozent, im Osten blieb der Anteil etwa gleich. Und dem Aufstieg der AfD zum Trotz ist in der Gesamtbevölkerung das Vertrauen in Justiz, Parlament und Regierung seit 2015 gewachsen. Dennoch ist der Sockel des Rechtspopulismus mit etwas über 30 Prozent unakzeptabel hoch.
Wo viel Land gewonnen worden ist, zeigt sich sogar dort, wo die meisten Klagen zu hören sind: beim Thema Integration. Natürlich liegt bei dieser Jahrhundertaufgabe noch viel im Argen. Aber wenn man den heutigen Stand mit dem vor dreißig Jahren vergleicht, sieht man auch die Fortschritte. Früher landeten Migrantenkinder regelmäßig in Sonderschulen, höhere Bildungsabschlüsse waren Raritäten. Heute sind die Bildungschancen der Migranten besser, die sprachlichen Fortschritte rascher und die Chancen auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt ordentlich.
Flüchtlinge bereichern Deutschland
Natürlich gibt es Konflikte. Jede Bewegung hin zu einer offeneren, integrativen Gesellschaft erzeugt nun einmal auch Gegenbewegungen. Aber insgesamt schlägt sich der größte Teil der Gesellschaft wacker. Die Mehrheit der Deutschen geht im Jahr 2018 davon aus, dass Flüchtlinge Deutschland kulturell und wirtschaftlich bereichern. Davon profitieren bis heute sogar die Anhänger der AfD beziehungsweise deren Kinder. Denn auch auf der rechten Seite der Gesellschaft geht man heute besser mit Kindern um als vor siebzig Jahren.
Herbert Renz-Polster weiß: „Der damalige Wandel in der Erziehungspraxis war in Wirklichkeit nämlich ein breites, quer durch die Gesellschaft zu beobachtendes Phänomen.“ Anders als die rechte Folklore es will, ging die Änderung der Erziehungshaltung damals nämlich keineswegs von „den 68ern“ aus. Also besteht doch kein Grund zur Angst vor dem Rechtspopulismus? Von wegen. Herbert Renz-Polster warnt: „Die Deutschen haben allen Grund, Angst vor der rechtspopulistischen Welle zu haben.“ Quelle: „Erziehung prägt Gesinnung“ von Herbert Renz-Polster
Von Hans Klumbies