Der Klimawandel bestimmt die Zukunft

Das 21. Jahrhundert erhält sein Gepräge durch große, die Zukunft der Menschheit betreffende Fragen. Und vor allen anderen steht der Klimawandel. Auf diesem Gebiet befindet sich Europa und besonders eine mächtige Industrienation wie Deutschland, in globaler Verantwortung. Edgar Wolfrum betont: „Der Klimawandel gilt als das wichtigste Umweltproblem der Gegenwart und Zukunft.“ Im Unterschied zu vielen anderen Herausforderungen ist seine Besonderheit, dass er sich über einen langen Zeitraum vollzieht. Zudem bleibt er in seinen Auswirkungen nicht auf das regionale Umfeld der Hauptverursacher begrenzt und kann nur durch globales Handeln bewältigt werden. Klimaänderungen gab es schon immer. Neu ist jedoch, dass diesmal die Menschen diese Veränderung durch Treibhausgase erzeugen. Edgar Wolfrum ist Inhaber des Lehrstuhls für Zeitgeschichte an der Universität Heidelberg.

Die Zahl der Flüchtlinge wird enorm zunehmen

Diese Treibhausgase entstehen im industriellen Prozess und allgemein im Lebensalltag von Industriegesellschaften. Extremwetterlagen, Dürren und Unwetter, der Anstieg des Meeresspiegels durch das Abschmelzen der Polkappen sind untrügliche Anzeichen. Die Verwundbarkeit jener Länder, die in der Vergangenheit am wenigsten zum Klimawandel beigetragen haben, ist dabei am größten. Einige Länder, wie jene um die Atolle im Pazifik, werden schlicht untergehen. Manche haben bereits mit der Evakuierung von Inseln begonnen.

Anderen Ländern wird es an sauberem Trinkwasser mangeln. Etliche müssen mit unfruchtbar werdenden Böden zurechtkommen, wieder andere mit ständigen Überschwemmungen. Edgar Wolfrum stellt fest: „Viele Menschen sitzen in der Falle. Da Fortgehen eine von vielen Strategien ist, wird die Zahl der Flüchtlinge enorm zunehmen.“ Der Kampf gegen den Klimawandel gehört zu den zentralen Themen der EU-Energiepolitik. 1992 hat die UN-Generalsversammlung eine Klimarahmenkonvention beschlossen, die als „Grundgesetz“ der internationalen Klimapolitik gelten kann. Deutschlands Rolle ist dabei durchaus zwiespältig.

Beim Umweltschutz ist Deutschland ein Absteiger

Die Bundesrepublik ist einer der großen Verursacher des Klimawandels. Dann wurde sie um die Jahrtausendwende zum Vorbild und Vorreiter des Klimaschutzes. Am Ende der Regierungszeit von Angela Merkel verfehlte Deutschland jedoch massiv seine Ziele bei der Reduktion von CO2 und fiel international stark zurück. Unter der rot-grünen Bundesregierung galt der Klimaschutz neben dem Ausstieg aus der Atomenergie als wichtigstes Projekt einer „ökologischen Erneuerung“. Deutschland hat als erstes großes Industrieland den Ausstieg aus einer Energieform per Gesetz beschlossen.

Die Energiewende war das größte politische Projekt seit der Wiedervereinigung. Zum Selbstbild der Deutschen gehörte es, in dieser Frage weltweit Vorreiter zu sein. Und jahrelang galt diese deutsche Vorbildfunktion im Umweltschutz als unumstößliche Gewissheit. Darauf war man stolz. Dieses Gefühl hätte die Politik nutzen können, denn kostenneutral war nichts zu erreichen. Danach entfernte sich Deutschland immer mehr von seinen selbstgesteckten Zielen. Gegenwärtig liegt Deutschland – was den Anteil erneuerbarer Energien am gesamten Energieverbrauch anbelangt – mit 15,5 Prozent in Europa auf Platz 16. Quelle: „Der Aufsteiger“ von Edgar Wolfrum

Von Hans Klumbies