Bildung begrenzt das Bevölkerungswachstum

Dirk Steffens und Fritz Habekuss erklären: „Bildung und Wohlstand begrenzen das Bevölkerungswachstum der Menschheit. Doch sie tragen in sich den Keim für einen noch weit zerstörerischen Kern in sich.“ Der Erdsystemforscher Will Steffen warnt und rechnet vor: „Bevölkerung mal Reichtum mal Technologie ergibt in Summe ein Maß für den Impact, den eine Gesellschaft auf der Erde hat. Der Faktor Bevölkerung ist dabei vielleicht der am wenigsten wichtige, denn der Konsum wächst davon unabhängig.“ Man kann nicht einfach die Zahl der Menschen mit dem Schaden für die Umwelt gleichsetzen, denn das würde die Tatsachen völlig auf den Kopf stellen. In ihrem Buch „Über Leben“ erzählen der Moderator der Dokumentationsreihe „Terra X“ Dirk Steffens und Fritz Habekuss, der als Redakteur bei der „ZEIT“ arbeitet, von der Vielfalt der Natur und der Schönheit der Erde.

Wachsender Konsum führt zu schnellerer Naturzerstörung

Es sind weniger die kinderreichen Familien im Niger, die schuld an der Misere sind. Der ökologische Fußabdruck einer kinderarmen Familie in einer wohlhabenden Industrienation ist in der Regel deutlich größer. Für die Menschen gilt: je reicher, desto dreckiger. Das Abflachen der Bevölkerungskurve allein entlastet die Ökosysteme also nicht. Im Gegenteil: Der wachsende Konsum pro Kopf führt in den geburtenschwachen Industrienationen sogar zu schnellerer Naturzerstörung als in Ländern mit geringerem Lebensstandard und höherer Geburtenrate.

Ein in Wohlstandsgesellschaften sinnloser, aber offenbar übermächtiger Zwang zur materiellen Expansion führt zu absurdem Verhalten. Dirk Steffens und Fritz Habekuss wissen: „Der Mensch hamstert aus Angst vor Mangel. Aber spätestens seit Beginn der Neuzeit hat die Anhäufung von Besitz eine bedrohliche Eigendynamik entwickelt.“ Inzwischen leben die Menschen in reichen Industrienationen seit zwei Generationen in anhaltendem Überfluss.

Die wenigsten Dinge sind direkt für das Überleben notwendig

Sie kaufen Dinge, die sich nicht brauchen, um damit Menschen zu beeindrucken, die sich nicht mögen. Der Durchschnittseuropäer besitzt heute geschätzt etwa 10.000 Gegenstände. Nur sehr wenige davon sind für das direkt Überleben notwendig. Weniger besitzen ist für die meisten Menschen dennoch keine ernst erwogene Option. Wenn man etwas erst einmal in den Händen hält, will man es nicht mehr hergeben. Das ist die Tyrannei der Dinge, man ertrinkt im Überfluss.

Ökonomen nennen dieses erstaunliche Phänomen Besitztums- oder Endowment-Effekt. Dirk Steffens und Fritz Habekuss erläutern: „Instinktiv halten wir einen Gegenstand für wertvoller als er ist, nur weil er uns gehört. Besitz verändert uns, er macht uns habgierig. Aber Expansion führt in die Krise.“ Die Spur der gegenwärtigen Ökokrise führt zurück bis zur neolithischen Revolution. Ackerbau und Viehzucht gewannen gegenüber dem Jagen und Sammeln die Oberhand. Bis dahin war das Nahrungsangebot von Zufälligkeiten und dem Jagdglück abhängig. Aber von nun an hielten die Menschen ihr Schicksal in den eigenen Händen. Quelle: „Über Leben“ von Dirk Steffens und Fritz Habekuss

Von Hans Klumbies