Eine Differenz ohne Herrschaft ist möglich

In der Welt der Ökonomie liegt der Schwerpunkt der politischen Entscheidungsfindung im Allgemeinen nicht auf Grund und Boden, sondern auf Arbeitskraft und Kapital. Danielle Allen stellt sich dabei die Frage, wie eine Ökonomie aussehen muss, die für Differenz ohne Herrschaft sorgt. Und wie man die gleichen Grundfreiheiten schützen könnte. Das Streben nach Differenz ohne Herrschaft macht ihrer Meinung nach auch in der Welt der Ökonomie nicht zwangsläufig die Schaffung von neuen politischen Programmen und oder Maßnahmen notwendig. Viele der gegenwärtigen wirtschaftspolitischen Ansätze sind nach Maßgabe eines Bildes von Gerechtigkeit strukturiert, das sein Augenmerk in erster Linie auf die Verteilung materieller Güter richtet. Die Politikwissenschaftlerin und Altphilologin Danielle Allen lehrt als Professorin an der Harvard University. Zugleich ist sie Direktorin des Edmond J. Safra Center for Ethics in Harvard.

Danielle Allen strebt politische Gleichheit an

Danielle Allen vertritt dagegen einen alternativen Ansatz. Bei diesem beruht die Überprüfung der Politik eher auf einem Bild von Gerechtigkeit, das sich grundsätzlich auf politische Gleichheit beziehungsweise egalitäre Ermächtigung stützt. Wirtschaftsergebnisse entspringen auch den gegebenen sozialen Strukturen. Danielle Allen ruft dabei noch einmal das Beispiel der Segregation in Erinnerung. Diese Art von Sozialstruktur führt als solche zu spezifischen, nichtegalitären Verteilungsmustern von materiellen Gütern.

Wenn man nach ökonomischen Egalitarismus strebt, ist die Anwendung des Prinzips einer Differenz ohne Herrschaft in der Welt des Sozialen genauso wichtig wie in der Welt der Ökonomie. Insbesondere unter pluralistischen Bedingungen kann man eine egalitäre Ökonomie nur erlangen, wenn die zugrundeliegende pluralistische Sozialstruktur ebenfalls egalitär ist. Gerade die Perspektive von Minderheiten zeichnet sich durch die ständig ins Auge springende wechselseitige Verflechtung von Politischem, Sozialem und Ökonomischem aus.

Die gleichen Grundfreiheiten gelten für alle

Da Politik laut Danielle Allen durch Pluralität definiert ist, muss eine vollständige Theorie der Gerechtigkeit den Minderheitsstandpunkt miteinbeziehen. Sie muss ihren Ausgang von dem Eingeständnis nehmen, dass neben persönlicher Freiheit auch politische Gleicheit intrinsischen Wert besitzt. W.E.B. Du Bois schreibt dazu in seinem Buch „Die Seelen der Schwarzen“ folgendes: „Die Macht des Stimmrechts brauchen wir aus reiner Selbstverteidigung. Denn was sonst könnte uns vor einer zweiten Versklavung retten?“

Für Du Bois ist das Ausüben politischer Macht selbst eine Komponente der intrinsisch wertvollen Erfahrung, kein Sklave zu sein. Das heißt, nicht beherrscht zu werden. Unter Bedingungen demografischer Diversität ist für die moralische Gleichheit der Menschen der Schutz von gleichen Grundfreiheiten erforderlich. Zu diesen gehören auch immer die politischen Freiheiten, und zwar in vollem Umfang. Aufmerksamkeit für die politischen Freiheiten bringt immer auch Aufmerksamkeit für die Freiheiten mit sich, auf denen private Autonomie beruht. Das Umgekehrte ist jedoch nicht der Fall. Quelle: „Politische Gleichheit“ von Danielle Allen

Von Hans Klumbies