Frank P. Ramsey denkt über Ungewissheit nach

Der britische Philosoph, Mathematiker und Ökonom Frank P. Ramsey begann schon im Alter von 18 Jahren über Wahrscheinlichkeit und Ungewissheit nachzudenken. Jonathan Aldred weiß: „Als Erstes verfasste er eine Kritik der Wahrscheinlichkeitstheorie von John Maynard Keynes.“ Zehn Jahre hatte der britische Ökonom seine umstrittene Theorie hartnäckig verteidigt. Das änderte sich, als er 1931 Frank P. Ramseys Arbeit „Truth and Probability“ las. Erst dann änderte John Maynard Keynes seine Meinung: „Ich gebe mich Ramsey geschlagen – ich glaube, er hat recht.“ Doch in gewisser Hinsicht war es dafür schon zu spät. Frank P. Ramseys intellektueller Triumpf ging in einer weit größeren Tragödie unter. Jonathan Aldred ist Direktor of Studies in Ökonomie am Emmanuel College. Außerdem lehrt er als Newton Trust Lecturer am Department of Land Economy der University of Cambridge.

Ramsey betrachtet die Wahrscheinlichkeit im Voraus

Im Jahr 1930 starb Frank P. Ramsey unerwartet an den Folgen von Komplikationen nach einer Routineoperation. Er wurde nur 26 Jahre alt. In „Truth and Probability“ führte Ramsey die Wahrscheinlichkeitstheorie in eine ganz neue Richtung. Anstatt Wahrscheinlichkeiten nachträglich zu definieren, aufgrund beobachteter Häufigkeiten, betrachtete Ramsey Wahrscheinlichkeit im Voraus. Nämlich als quantitatives Maß für die innere Gewissheit einer Person, dass ein zukünftiges Ereignis wahrscheinlich ist.

Jonathan Aldred erläutert: „Wenn ich glaube, dass ein Ereignis mit hundertprozentiger Sicherheit eintreten wird, ist das gleichbedeutend mit der Aussage, dass für mich die Wahrscheinlichkeit dieses Ereignisses eins beträgt.“ Wenn man dagegen glaubt, dass es ganz sicher nicht eintreten wird, ist seine Eintrittswahrscheinlichkeit gleich null. Und das gilt auch für alle Wahrscheinlichkeiten zwischen diesen beiden Extremen. Wenn man glaubt, dass ein Ereignis mit gleicher Wahrscheinlichkeit eintreten oder nicht eintreten wird, beträgt seine Eintrittswahrscheinlichkeit 0,5.

Subjektive Wahrscheinlichkeiten sind immer einsetzbar

Frank P. Ramsey erklärt, wie man solche „Überzeugungen als Wahrscheinlichkeiten“ im Prinzip berechnen kann. Und zwar im Wesentlichen, indem man die ungünstigsten Chancen ermittelt, die eine Person bei einer Wette über das Eintreten des ungewissen künftigen Ereignisses zu akzeptieren bereit wäre. Falls Frank P. Ramseys Ansatz funktioniert, wird das Konzept von Wahrscheinlichkeit plötzlich viel breiter. Sein Anwendungsgebiet erweitert sich dramatisch.

Wahrscheinlichkeiten, die auf beobachteten Häufigkeiten basieren, sind nur dann kalkulierbar, wenn es Daten über häufig beobachtete Ereignisse gibt. Dagegen sind subjektive Wahrscheinlichkeiten von dieser Einschränkung befreit und lassen sich im Prinzip immer einsetzen. Aber Frank P. Ramseys Ansatz setzt voraus, dass die betreffende Person in Bezug auf ihre subjektiven Wahrscheinlichkeiten vollkommen konsistent sein wird. Aber auf genau diese Konsistenz ist kein Verlass. Fest steht allerdings: Frank P. Ramseys Konzepte über Wahrscheinlichkeit wurden 50 Jahre lang beinahe völlig ignoriert. Quelle: „Der korrumpierte Mensch“ von Jonathan Aldred

Von Hans Klumbies