Europa soll bis 2050 klimaneutral werden

Die Klimaerwärmung war vor der Coronakrise ein dominierendes Thema auf der Agenda der internationalen Politik. Clemens Fuest nennt ein Beispiel: „In der EU wurde 2019 der „European Green Deal“ beschlossen.“ Es ist das zentrale politische Projekt der Europäischen Kommission unter der Präsidentschaft Ursula von der Leyen. Es soll Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent machen. Die von Schülern getragene Bewegung „Fridays for Future“ erzielte hohe Aufmerksamkeit in den Medien. Kaum eine Woche verging, ohne dass Greta Thunberg irgendwo auf der Welt auftrat und die Regierenden für Untätigkeit beim Klimaschutz anklagte. Seit dem Ausbruch der Coronakrise hat sich das radikal geändert. Die Klimapolitik ist aus den Schlagzeilen verschwunden. Daher stellt sich die Frage, wie es nach der Krise mit der Klimapolitik weitergehen kann und soll. Clemens Fuest ist seit April 2017 Präsident des ifo Instituts.

Die Klimaerwärmung verursacht weltweit gewaltige Kosten

Dazu gibt es zwei einander entgegengesetzte Positionen. Die eine Position betont die hohen wirtschaftlichen Lasten der Coronakrise und fordert, zusätzliche Kosten durch ehrgeizigen Klimaschutz zu vermeiden. Clemens Fuest weiß: „In Europa liegen bereits erste Forderungen auf dem Tisch, geplante klimapolitische Maßnahmen zu verschieben.“ Die Gegenposition verlangt, Maßnahmen für den Klimaschutz zu verstärken. Den europäische Green Deal soll man dabei in den Mittelpunkt der Strategie für die wirtschaftliche Erholung stellen.

In einer gemeinsamen Stellungnahme von Umwelt- und Klimaschutzministern aus 17 europäischen Staaten heißt es: „Der Green Deal bildet eine neue Wachstumsstrategie für die EU.“ Dieser bildet den doppelten Vorteil, Wachstum und Beschäftigung zu stimulieren und die grüne Transformation der Wirtschaft auf eine kosteneffiziente Weise zu beschleunigen. Die Coronakrise ändert jedoch nichts daran, dass die Klimaerwärmung weltweit gewaltige Kosten verursacht und kaum kalkulierbare Risiken mit sich bringt.

China und die USA müssen beim Klimaschutz mitmachen

Gleichzeitig kann die Klimapolitik die Pandemie nicht ignorieren. Hohe Staatsschulden, schleppendes Wirtschaftswachstum und Arbeitslosigkeit begrenzen die finanziellen Spielräume in den kommenden Jahren. Clemens Fuest rät: „Gleichzeitig sollte das Interessen wachsen, wirtschaftspolitische Strategien zu entwickeln, die Wachstumsimpulse mit umwelt- und klimapolitischen Zielen verbinden.“ Europa kann die Klimaerwärmung allerdings nicht allein unter Kontrolle bringen, selbst wenn der Green Deal die Coronakrise überlebt.

Hoffnung, die Erwärmung des Klimas spürbar zu verlangsamen, besteht nur dann, wenn weltweit sich genug Länder daran beteiligen. Vor allem China und die USA sind dabei gefordert. Ob internationale Zusammenarbeit in der Klimapolitik künftig besser funktionieren wird als bisher, erscheint für Clemens Fuest allerdings zweifelhaft. Selbst wenn die CO2-Emmissionen in Europa und global dauerhaft niedriger wären – die Effekte der Krise würden nicht ausreichen, um Klimaschutzziele zu erreichen. Das wird deutlich, wenn man den aktuellen Rückgang am 1,5 Grad Celsius-Ziel des Pariser Abkommens misst. Quelle: „Wie wir unsere Wirtschaft retten“ von Clemens Fuest

Von Hans Klumbies