Das Smartphone ist der Hauptinfomat der Gegenwart. Byung-Chul Han erklärt: „Es macht nicht nur viele Dinge überflüssig, sondern entdinglicht die Welt, indem es sie auf Informationen reduziert. Auch das Dingliche am Smartphone tritt zurück zugunsten Informationen.“ Man nimmt es nicht eigens wahr. Dem Aussehen nach unterscheiden sich Smartphones kaum voneinander. Die Menschen blicken durch sie hindurch in die Infosphäre. Eine analoge Uhr versorgt sie zwar mit zeitbezogenen Informationen, aber sie ist kein Infomat, sondern ein Ding, ja auch ein Schmuck. Das Dingliche ist ihr zentraler Bestandteil. Die von Informationen und Infomaten beherrschte Gesellschaft ist schmucklos. Schmuck bedeutet ursprünglich prächtige Kleidung. Undinge sind nackt. Charakteristisch für die Dinge ist das Dekorative, das Ornamentale. Die Bücher des Philosophen Byung-Chul Han wurden in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt.
Das Smartphone ist ein Symbol der Gegenwart
Mit diesem beharrt das Leben darauf, dass es mehr ist als Funktionieren. Das Ornamentale ist im Barock ein „theatrum die“, ein Schauspiel für Götter. Byung-Chul Han stellt fest: „Wir vertreiben das Göttliche aus dem Leben, wenn wir es gänzlich Funktionen und Informationen unterwerfen. Das Smartphone ist ein Symbol unserer Zeit. Nichts an ihm ist geschnörkelt. Das Glatte und Gerade beherrschen es. Auch der mit ihm geführten Kommunikation fehlt der Zauber der schönen Formen.“
Das Schnurgerade, das durch Affekte am besten zum Ausdruck kommt, herrscht in ihr vor. Das Smartphone verschärft ferner die Hyperkommunikation, die alles einebnet, glattschleift und letzten Endes gleichschaltet. Man lebt heutzutage zwar in einer Gesellschaft der Singularitäten, aber in ihr kommt paradoxerweise das Singuläre, das Unvergleichbare kaum vor. Die Menschen halten heute überall ihr Smartphone hin und delegieren ihre Wahrnehmung an den Apparat. Sie nehmen die Wirklichkeit durch den Bildschirm wahr.
Das Smartphone überwachte seinen Benutzer permanent
Das digitale Fenster verdünnt die Wirklichkeit zu Informationen, die man dann registriert. Es findet kein dinglicher Kontakt mit der Wirklichkeit statt. Man ist ihrer Präsenz beraubt. Man nimmt nicht mehr die materiellen Schwingungen der Wirklichkeit wahr. Die Wahrnehmung ist dann entkörperlicht. Das Smartphone entwickelt die Welt. Byung-Chul Han weiß: „Die Dinge spähen uns nicht aus. Deshalb haben wir Vertrauen zu ihnen. Das Smartphone hingegen ist nicht nur ein Infomat, sondern ein sehr effizienter Informant, der seinen Benutzer permanent überwacht.“
Wer in sein algorithmisches Innenleben eingeweiht ist, fühlt sich zu Recht von ihm verfolgt. Man wird von ihm gesteuert und programmiert. Nicht die Menschen benutzen das Smartphone, sondern das Smartphone benutzt sie. Der wahre Akteur ist das Smartphone. Man ist diesem digitalen Informanten ausgeliefert, hinter dessen Oberfläche die Menschen unterschiedliche Akteure lenken und ablenken. Das Smartphone hat nicht nur emanzipatorische Seiten. Die ständige Erreichbarkeit unterscheidet sich nicht grundsätzlich von der Knechtschaft. Quelle: „Undinge“ von Byung-Chul Han
Von Hans Klumbies