Träume sind Gefühle in bewegten Bildern

Die Mehrheit der Traumforscher nimmt an, dass das Träumen dazu da ist, tagsüber Erlebtes in den bereits vorhandenen Erfahrungsschatz zu integrieren und insofern neue Erfahrungen zu formieren beziehungsweise Sichtweisen zu entwickeln. Die Wissenschaft weiß heute, dass Menschen tatsächlich im Traum lernen, auch in der Schlafphase, die mit dem Träumen verbunden ist. Brigitte Holzinger erklärt: „Wenn diese Schlafphase aus irgendeinem Grund nicht sein kann, dann wird manches, was wir tagsüber wahrgenommen haben, nicht so gut verarbeitet.“ Nicht jeder erinnert sich an seine Träume. Ein wesentlicher Faktor bei der Erinnerung ist, ob sich jemand davon etwas verspricht. Also, wenn jemand an Träumen interessiert ist, wird er sie sich eher merken als einer, für den Träume nur fantastische Gebilde sind, die nur stören. Die Psychologin und Psychotherapeutin Brigitte Holzinger ist Inhaberin des Instituts für Bewusstseins- und Traumforschung in Wien.

Sigmund Freud gilt als Pionier der Traumforschung

Ob jemand seinen Träumen Bedeutung zumisst, hängt auch davon ab, ob er aus einer Familie kommt, für die Träume etwas Wertvolles darstellen. Als Pionier der Traumforschung gilt Sigmund Freud, der den Traum als Königsweg zum Unterbewusstsein bezeichnet. Neurophysiologen dagegen sehen im Traum nichts anderes als ein Neuronenfeuer. Brigitte Holzinger erläutert ihre Sichtweise: „Gefühle spielen eine ganz große Rolle im Traum, häufig sogar Ängste. Wenn man es plakativ sagen will, so sind Träume Gefühle in bewegten Bildern.“

Menschen träumen im sogenannten REM-Schlaf (REM=rapid eye movement), das ist die Schlafphase, die als letzte einsetzt in einem Zyklus von circa 90 Minuten, und dieser Zyklus wiederholt sich 4- bis 5-mal, wenn man von einer durchschnittlichen Schlafdauer von acht Stunden ausgeht. Als Gestalttherapeutin geht Brigitte Holzinger davon aus, dass nur der Träumer selbst wirklich erfahren kann, womit sich der Traum beschäftigt hat. Das Führen eines Traumtagebuches ist eine Form von Traumarbeit und kann sehr hilfreich sein.

25 Prozent der Österreicher leiden an Schlafstörungen

Der Traum enthält aus der Sicht von Brigitte Holzinger auch das Potential zur Bewältigung eines Traumas und macht aus etwas Erlebtem etwas Schönes und Hilfreiches, das einen Menschen bereichert und ihm bei der künftigen Bewältigung des Lebens hilft. Rund 25 Prozent der Österreicher leiden inzwischen an Schlafstörungen. Auf die Frage, ob man gesunden Schlaf lernen kann, antwortet Brigitte Holzinger: „Man kann vieles vom Verhalten her ändern, wenn es darum geht, den Schlaf wiederzufinden oder zu verbessern.“

Auch wenn es um die sogenannte Insomnie geht, also die Ein- und Durchschlafstörung, ist der Traum eine wunderbare Hilfestellung. Brigitte Holzinger erläutert: „Wenn die Aufmerksamkeit nicht auf den Schlaf, sondern auf den Traum gerichtet wird, führt das dazu, dass man die Besetztheit, den Schlaf betreffend, beziehungsweise die Sorge um das Nicht-schlafen-Können verliert und damit das Ein- und Durchschlafen erleichtert.“ Der deutsche Lyriker Friedrich Hebbel hat den Schlaf als ein „Hineinkriechen des Menschen in sich selbst“ bezeichnet. Quelle: Kronen Zeitung

Von Hans Klumbies