Das Bewusstsein eines anderen ist unergründbar

Es gibt eine besondere Form des Skeptizismus. Diese bleibt auch dann ein Problem, wenn man annimmt, dass das menschliche Bewusstsein nicht das Einzige ist, was es gibt. Dass also die physikalische Welt, die jeder Mensch um sich herum sieht und spürt, den eigenen Körper eingeschlossen, wirklich existiert. Thomas Nagel erläutert. „Es handelt sich um einen Skeptizismus in Bezug auf die Natur oder gar die Existenz eines Bewusstseins außer unserem eigenen oder von Erlebnissen außer unseren eigenen.“ Wie viel weiß man wirklich über das, was im Bewusstsein eines anderen vorgeht? Man beobachtet offenbar nur den Körper eines anderen Wesens, auch eines anderen Menschen. Der amerikanische Philosoph Thomas Nagel lehrt derzeit unter anderem an der University of California, Berkeley und an der Princeton University.

Nur die eigenen Erlebnisse hat man wirklich

Man betrachtet, was er tut, hört, was er sagt und welche anderen Geräusche er von sich gibt, und sieht zu, wie er auf seine Umgebung reagiert. Man registriert, welche Dinge ihn anziehen und welche in abstoßen, was er isst und so weiter. Es ist zudem möglich, ein anderes Wesen darüber hinaus zu sezieren, sich das Innere seines Körpers anzusehen, und etwa seine Anatomie mit der eigenen vergleichen. Nichts von alledem macht dem eigenen Selbst jedoch dessen Erlebnisse, Gedanken und Gefühle direkt zugänglich.

Thomas Nagel weiß: „Die einzigen Erlebnisse, die wir wirklich haben können, sind unsere eigenen. Wenn wir Meinungen über das psychische Leben anderer haben, so stützen wir uns auf die Beobachtung ihrer physischen Verfassung und ihres Verhaltens.“ Das einzige Beispiel für eine Korrelation zwischen Bewusstsein, Verhalten, Anatomie und äußeren physischen Umständen, dass man jemals direkt beobachtet hat, ist das eigene Selbst. Könnte es sogar sein, dass keiner der Menschen um einen herum ein bewusstes Wesen ist?

Auch Säugetiere haben ein Bewusstsein

Dieser Gedanke erzeugt ein Gefühl der Unheimlichkeit. Auf der einen Seite scheint dies vorstellbar zu sein. Denn kein Datenmaterial, das man jeweils zur Verfügung haben kann, kann diese Vorstellung endgültig ausräumen. Auf der anderen Seite handelt es sich um etwas, was die meisten Menschen nicht wirklich für möglich halten können. Thomas Nagel stellt fest: „Unsere Überzeugung, dass es in diesem Körper ein Bewusstsein, hinter diesen Augen ein Sehen, und hinter diesen Ohren ein Hören, und so fort, gibt, ist instinktiv.“

Normalerweise glauben die meisten Menschen, dass andere menschliche Wesen ein Bewusstsein haben. Und nahezu jeder ist davon überzeugt, dass dies gleichermaßen von anderen Säugetieren und Vögeln gilt. Man ist sich allerdings nicht darüber einig, ob Fische ein Bewusstsein haben, oder Insekten, Würmer und Quallen. Noch zweifelhafter ist, ob einzellige Lebewesen wie Amöben und Pantoffeltierchen bewusste Erlebnisse haben, wenn diese Wesen auch deutlich auf Reize der unterschiedlichsten Art reagieren. Quelle: „Was bedeutet das alles?“ von Thomas Nagel

Von Hans Klumbies