Handeln hat etwas mit Pflichtgefühl zu tun

Kein Bereich des Lebens kann von Verpflichtung frei sein. Der römische Politiker und Philosoph Marcus Tullius Cicero schreibt: „Es beruht in ihrer Beachtung alle Ehrenhaftigkeit der Lebensführung, in ihrer Nichtachtung alle Schande.“ Für ihn war es noch selbstverständlich, dass jedes Handeln etwas mit Pflicht und Pflichtgefühl zu tun hat. Das betrifft sowohl die private als auch die öffentliche Sphäre. Richard David Precht erklärt: „Was auch immer ich tue, ehrenhaftes Verhalten muss von schändlichem Verhalten getrennt werden. Das, was man achtet, muss von dem unterschieden werden, was man ächtet.“ Und hat man einmal für sich erkannt, was genau man für achtenswert hält, so sollte man sich als Leitfaden daran orientieren. Der Philosoph, Publizist und Autor Richard David Precht einer der profiliertesten Intellektuellen im deutschsprachigen Raum.

Alles Ehrenhafte ist zugleich nützlich

Der moralisch denkende Mensch verpflichtet sich selbst, seiner Überzeugung treu zu sein. Überzeugung, die nicht nur das Nützliche kennt wie die Tiere, sondern ebenso das, was den Menschen von den Tieren unterscheidet. Dabei handelt es sich laut Marcus Tullius Cicero um das Ehrenhafte. Dabei ist alles Ehrenhafte zugleich nützlich, denn es dient auf jeden Fall dem eigenen Selbstwertgefühl. Umgekehrt ist beileibe nicht alles Nützliche Ehrenhaft, zumal dann nicht, wenn man es sozial teuer erkaufen muss.

Im Winter 2020/21 hat sich das das Leben der meisten Menschen entschleunigt. Es erscheint gleichsam kaltgestellt im Homeoffice, dem heimatlichen „Pflichtort“. Abseits des täglichen Treibens, des Schneller, Höher, Weiter der Lebenswelt der Moderne, schärft sich der Sinn für das, was unter der Oberfläche der Alltäglichkeiten das Leben ausmacht. Man unterscheidet plötzlich zwischen eitlen und nachhaltigen Freuden oder unwichtigen und wichtigen Bedürfnissen.

Cicero orientiert sich an der antiken Philosophie

Und bei vielen schärft sich auch der Sinn dafür, wie sehr Menschen aufeinander angewiesen sind. Dabei handelt es sich um Angehörige, Freude, Gesprächspartner oder Menschen, von denen man einfach nur beruhigend weiß, dass sie da sind. Marcus Tullius Cicero dürfte im Exil ähnliche Gedanken gehabt haben. Seine eigene Orientierung gewinnt er aus der antiken griechischen Philosophie, insbesondere jener Platons, jener des Aristoteles und am meisten jener der Stoiker.

Richard David Precht weiß: „Wenn Cicero an die Pflicht denkt, denkt er zunächst nicht an den Staat. Einen Fürsorge- und Vorsorgestaat gibt es in Rom so wenig wie unveräußerliche Grundrechte.“ Für Marcus Tullius Cicero ergibt sich die Pflicht als logische Folge aus dem eigenen Selbstbild. Nämlich handele stets so, dass du mit dir im Reinen bist. Doch was ist dieses Reine? In der antiken griechischen Tradition soll ein Mensch nach Vortrefflichkeit streben. Je vortrefflicher der eigene Charakter ist, umso werthaltiger und erfüllter sei auch das Leben. Quelle: „Von der Pflicht“ von Richard David Precht

Von Hans Klumbies