Kredite dienen Investitionen oder dem Verbrauch

Staaten, Unternehmen und private Haushalte nehmen Kredite auf, um damit Investitionen oder ihren Verbrauch zu finanzieren. Nouriel Roubini ergänzt: „Öffentliche und private Investitionen zahlen für Dinge, die weit in die Zukunft reichen. Staaten finanzieren mit dem geliehenen Geld Häfen, Straßen, Brücken und andere Infrastruktureinrichtungen.“ Privatwirtschaftliche Unternehmen kaufen Maschinen, Software oder Computer, um Waren zu produzieren oder Dienstleistungen bereitzustellen. Und private Haushalte investieren in Eigenheime und Bildung. Investition auf Kredit kann sinnvoll sein, solange der Ertrag der Investition höher ist als ihr Preis. Bei Konsum auf Pump verwendet man das geliehene Geld dagegen, um laufende Kosten zu bestreiten, die man eigentlich aus dem Einkommen bezahlen sollte. Nouriel Roubini ist einer der gefragtesten Wirtschaftsexperten der Gegenwart. Er leitet Roubini Global Economics, ein Unternehmen für Kapitalmarkt- und Wirtschaftsanalysen.

Konsum auf Pump ist grundsätzlich riskant

Nouriel Roubinis Erfahrung lehrt eine goldene Regel: „Wenn du dir Geld leihst, dann um zu investieren, nicht um zu konsumieren. Konsum auf Pump ist grundsätzlich riskanter als Investitionen auf Pump.“ Wer auf Kredit Haushaltslöcher stopft, überflüssige Dinge anschafft oder in Urlaub fährt, begibt sich auf einen abschüssigen Weg, der leicht im Konkurs endet. Aber auch der Kauf von überteuerten Vermögenswerten auf Kredit birgt ein großes Risiko. Nichts bläht eine Blase schneller auf als billiges Geld, das den Markt überflutet.

Schulden- und Finanzkrisen treffen nicht nur krisenanfällige Schwellenländer. Die Geschichte der jüngsten Jahrzehnte ist voller solcher Krisen auch in wohlhabenden Industrienationen. Wenn das Urteilsvermögen der Anleger getrübt ist, ist billiges Geld wie ein Aufputschmittel. Seine ersten Erfahrungen mit Schuldenkrisen machte Nouriel Roubini 1984 während eines Praktikums bim Internationalen Währungsfonds. Viele lateinamerikanische Länder hatten während des Ölbooms ihre Staatsausgaben erhöht und gewaltige Summen in die Modernisierung ihrer Infrastruktur investiert. Und nun ächzten sie unter der Schuldenlast.

Die Zinsen stiegen 1980 in den zweistelligen Bereich

Argentinien stand im Mittelpunkt einer Schuldenkrise, die zwar 1982 begann, ihre Ursache jedoch in der Überschuldung lateinamerikanischer Staaten in den 1970er-Jahren hatte. Nouriel Roubini erklärt: „Nach den Ölpreisschocks von 1973 und 1979 war Rohöl teuer, und Experten gingen davon aus, dass die Nachfrage weltweit immer weiter steigen würde.“ Da ausländische Investoren den lateinamerikanischen Währungen misstrauten, nahmen die neuen Ölförderländer Kredite in US-Dollar auf. Damit finanzierten sie die stark gestiegenen Staatsausgaben.

Eine Anleihe in der Landeswährung könnte durch Abwertung oder Inflation über Nacht nichts mehr wert sein. Ein Dollar war jedoch immer einen Dollar wert. Solange das Öl gute Erträge brachte, profitierten alle. Bis 1980 überstiegen die Öleinnahmen die steigenden Kosten des Schuldendienstes. Doch 1980 stiegen die Zinsen in den zweistelligen Bereich, weil der amerikanische Notenbankchef Paul Volcker auf diese Weise die durch die steigenden Ölpreise befeuerte Inflation eindämmen wollte. Die Ratenzahlungen für die Auslandskredite überstiegen bald die Exporteinnahmen. Quelle: „Megathreats“ von Nouriel Roubini

Von Hans Klumbies