Der Feldzug gegen die Werte der Aufklärung hat erst begonnen

In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat Nadav Eyal viele Brennpunkte einer Welt im Aufruhr bereist. Überall fand er die Anzeichen derselben großen Revolte. Die Menschen lehnen sich auf gegen die Globalisierung und ihre kapitalistische Logik. Sie demonstrieren gegen universale Werte und kulturelle Überwältigung. Nadav Eyal sieht in seinem neuen Buch „Revolte“ die Welt an einen schicksalhaften Punkt angekommen. Der Kreuzzug gegen die Werte der Aufklärung und des Fortschritts steht seiner Meinung nach erst am Anfang, während die Probleme der Globalisierung gerade erst erkannt sind. Der einzige Weg aus dieser Misere ist die verstärkte Zusammenarbeit der Staaten, die sich auch gegen die großen Konzerne verbünden müssen. Die Wahl Donald Trumps in den USA, der Brexit in Großbritannien, und Wahlen allerorten, von Brasilien bis Italien, waren ein Blitzangriff auf die laufende Globalisierung. Nadav Eyal ist einer der bekanntesten Journalisten Israels.

Weltweit leisten Menschen Widerstand gegen die Globalisierung

Diese unerwarteten Ergebnisse waren ein dezentralisierter Aufschrei gegen die Ungerechtigkeiten, welche die Mittelschichten der Industrieländer in aller Welt heimsuchten. Die Revolte von der Nadav Eyal spricht, ist das Aufbegehren weiter Bevölkerungskreise gegen die Globalisierung. Zudem ist sie ein Angriff auf ihr Wirtschaftssystem wie auch gegen ihre kulturellen Einflüsse und universalten Werte. Nadav Eyal erläutert: „Die Revolte ist weltweit, ungeordnet und fließend. Sie dreht sich mehr um die Ablehnung bestehender Machtstrukturen als um den durchdachten Aufbau von Alternativen.“

Der prinzipielle Widerstand gegen die Globalisierung ging von entgegengesetzten Extremen aus. Von linksradikalem Anarchismus wie von religiösem Fanatismus. Im Schatten wachsenden gesellschaftlichen Unbehagens gelangten Ideen der Avantgarde in die Mittelschichten. Sie sind die entscheidenden Faktoren in jeder Revolution. Der Aufstand ist inzwischen breit gefächert. Er betrifft auch den veränderten Diskurs in den sozialen Netzwerken und den Statusverlust der Nachrichtenmedien.

Nadav Eyal fordert tief greifende Reformen der Weltordnung

Nadav Eyal rät seinen Lesern sich vor voreiligen Urteilen zu hüten. Denn anders als das Bild, das die Medien verbreiten, sind die Proteste gegen den Welthandel oder gegen universale Werte keine organisierten Ausbrüche von Hass und Ignoranz. Die Globalisierung hat zwar die Lage vieler Menschen verbessert, aber auch Gemeinschaften geschwächt und Ökosysteme verwüstet. Und damit den Samen des Widerstands gesät. Die Herausforderung, die dadurch entsteht, ist für Nadav Eyal klar. Er möchte die Macht und Gesinnung der Revolte dafür einspannen, um die Weltordnung gerechter und damit stärker zu machen.

In seinem Buch „Revolte“ lässt Nadav Eyal Schauplätze und Ereignisse aus mehr als einem Jahrzehnt Revue passieren. Er erzählt von amerikanischen Arbeitern, griechischen Arbeitslosen, chinesischen Unternehmern und syrischen Flüchtlingen. Diese Geschichten führen durch eine schmale Schlucht der Hoffnung und Sorge. Gefordert sind daher tief greifende Reformen der Weltordnung, der Weltwirtschaft und innerhalb der Staaten. Die wichtigste Schlussfolgerung besagt, dass alles mit allem zusammenhängt und Solidarität daher kein frommer Wunsch, sondern eine Notwendigkeit ist.

Revolte
Der weltweite Aufstand gegen die Globalisierung
Nadav Eyal
Verlag: Ullstein
Gebundene Ausgabe: 491 Seiten, Auflage 2: 2020
ISBN: 978-3-550-20071-7, 29,99 Euro

Von Hans Klumbies

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