Alle Menschen können nicht vegan leben

Veganer meinen, der komplette Verzicht auf tierische Lebensmittel wäre heute schon das probateste Mittel, um dem Klimawandel entgegenzuwirken. Die Vertreter der Fleisch-, Milch- und Geflügelwirtschaft sehen das natürlicherweise etwas anders. Malte Rubach stellt fest: „Zwischen diesen Standpunkten tut sich allem Anschein nach das weite Tal der Ahnungslosen auf.“ Das Thünen-Institut ist eine Einrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Es hat 2019 ermittelt, dass der Anteil der Ernährung in Deutschland vom Acker bis zum Teller etwa 19 Prozent aller Treibhausgase in Deutschland ausmacht. Laut Thünen-Institut sind dabei tierische Lebensmittel für 54 Prozent der Treibhausgase der Ernährung in Deutschland verantwortlich. Oder anders gesagt, für zehn Prozent aller Treibhausgase in Deutschland. Der Referent und Buchautor Dr. Malte Rubach hat Ernährungswissenschaften in Deutschland, der Türkei und den USA studiert.

Alle Nährstoffe sind auch in pflanzlichen Lebensmitteln

Damit würde also der Beitrag Deutschlands zum weltweiten Treibhausgasausstoß von zwei Prozent auf 1,8 Prozent sinken, wenn die Deutschen alle vegan leben würden. Es ist für Malte Rubach keine Frage, dass es sämtliche Nährstoffe auch in pflanzlichen Lebensmitteln gibt. Doch haben selbst die meisten Menschen in bildungsstarken Ländern der Welt kaum ausrechendes Ernährungswissen, pflanzliche Lebensmittel so zu kombinieren, dass sie keinen Nährstoffmangel riskieren und damit ernsthafte Gesundheitsschäden.

In Entwicklungs- und Schwellenländern ist der Bildungsstandard in der breiten Bevölkerung noch einmal deutlich niedriger. In den meisten Ländern der Erde wird also eine vegane Ernährung für die Gesamtbevölkerung nicht umsetzbar sein. Erst recht nicht dort, wo ohnehin schon Knappheit an Grundnahrungsmitteln herrscht. Menschen sind Lebewesen. Diese einfache und bekannte Tatsache scheint in vielen Diskussionen über eine natürliche Ernährungsweise immer mal wieder abhandenzukommen. Da wird aufgrund irgendwelcher Tier- oder gar Insekten-Analogien darüber fabuliert, was die wahre Natur des Menschen sei.

Viren sind keine Lebewesen

Malte Rubach erklärt: „Paradoxerweise sind es wir Menschen selbst, die darüber uneins sind, wer wir sind und wo wir herkommen.“ Was macht ein Lebewesen überhaupt aus? Zumindest da sind sich die ernstzunehmenden Wissenschaftler einig: Ein Lebewesen besitzt einen Stoffwechsel und wenigstens eine Zellwand. Es ist in der Lage, sich fortzupflanzen und, falls es aus mehr als einer Zelle besteht, auch in unterschiedlichen Formen zu organisieren. Zum Beispiel in der Form des menschlichen Körpers und seiner unterschiedlichen Geweben.

Ein sehr guter Abgrenzungsfall dazu ist jegliche Art von Viren, bei denen es sich nicht um Lebewesen handelt. Sie bestehen nur aus einer Proteinhülle, ein bisschen Erbinformation und wenigen Enzymen. Viren sind daher auf echte Lebewesen angewiesen, um sich zu vermehren, indem sie sich deren Stoffwechsel quasi ausleihen. Alle echten Lebewesen hingegen benötigen zur Aufrechterhaltung ihres Stoffwechsels eine Energiequelle, im weiteren Sinn also eine Nahrungsquelle. Quelle: „Die Ökobilanz auf dem Teller“ von Malte Rubach

Von Hans Klumbies