Homer umgab eine Aura von Göttlichkeit

Das Schicksal Trojas hörte nie auf, die Griechen zu beschäftigen. Sogar Xerxes hatte bei seiner Ankunft am Hellespont verlangt, dass man ihm den Ort zeige. In der „Ilias“ war die Erinnerung an jene aufgehoben war, die im Staub der Ebene vor Troja gekämpft hatten. Zudem gab sie den Griechen auch ihr wichtiges Fenster auf das Wirken der Götter und ihr Verhältnis zu den Sterblichen. Tom Holland fügt hinzu: „Der Verfasser der „Ilias“, ein Mann, dessen Geburtsort und dessen Lebensdaten Gegenstand endloser Diskussionen waren, was selbst eine Gestalt mit einer gewissen Aura von Göttlichkeit.“ Einige gingen so weit zu sagen, Homers Vater sei ein Fluss und seine Mutter eine Meeresnymphe gewesen. Der Autor und Journalist Tom Holland studierte in Cambridge und Oxford Geschichte und Literaturwissenschaft.

In der Ilias spielt das Licht eine überragende Rolle

Doch auch diejenigen, die annahmen, dass seine Abstammung von irdischer Natur war, blickten mit Ehrfurcht auf sein Werk. „Der beste und göttlichste aller Dichter“: Mit solchen Worten wurde er gerühmt. Nie gab es ein literarisches Werk mit einer vergleichbaren Sensibilität für das Licht. Das Spiel des Lichts findet sich in seinen Versen ständig. Keine Frau war so unbedeutend, dass sie nicht als „weißarmig“ bezeichnet werden konnte. Keinen Mann erwähnte Homer nur flüchtig, dass er nicht wenigstens von ihm sagte, er sei „erz-bewehrt“.

Die Königin, die sich ankleidete, legte Gewänder an, die das Auge blendeten. Der Krieger, der sich für den Kampf vorbereitete, umgab sich mit Glanz, „heller als loderndes Feuer“. Überall war Schönheit – und sie verwies unweigerlich auf Gewalt. Zu strahlen wie eine goldene Flamme und einen göttergleichen Grad an Stärke und Heldenmut zu erlangen: das war es, was in der „Ilias“ einen Mann im eigentlichen Sinn ausmachte. Dass körperliche Vollkommenheit und moralische Überlegenheit nicht voneinander zu trennen waren, setzte man als selbstverständlich voraus.

Die Götter griffen manchmal selbst in einen Schlacht ein

Tom Holland stellt fest: „Auf dem Schlachtfeld vor Troja waren nur die Niederlagen hässlich. Solche Männer verdienten es eigentlich nicht anders, als dass man sich über sie lustig machte und sie schlug.“ Aber keinesfalls waren sie geeignete Gegner eines Helden. Das sicherste Anzeichen für Größe ergab sich aus einem Wettstreit, der den Namen verdiente: einem „agon“. Deshalb stiegen während den Kämpfen zwischen Griechen und Trojanern manchmal die Götter selbst auf das Schlachtfeld hinab.

Sie kämpften dann an der Seite ihrer Günstlinge. Deshalb zögerten die Götter, wenn sie in ihren goldenen Hallen saßen, auch nicht, ihren Feinseligkeiten ganze Städte und Völker zum Opfer zu bringen. Wichtig war der Sieg, nicht, was er kostete. An diesem Geist, an dieser wilden Fixierung darauf, der Beste zu sein, wollten alle Anteil haben. Man durfte sicher sein, dass die Götter wohlwollend auf einen „agon“ herniederschauten. Es gab kaum ein Heiligtum, das nicht als Austragungsort eines Wettbewerbs benutzt wurde, sei es für Tänzer, Dichter oder Weber. Quelle: „Herrschaft“ von Tom Holland

Von Hans Klumbies