Die Nahrung hat Einfluss auf das Gehirn

Jede Mahlzeit besteht aus Kohlehydraten, Fetten und Proteinen – Bausteine für beispielsweise Transmitter. Diese übernehmen im Gehirn wichtige Funktionen. Laut Soyoung Q Park wird das menschliche Denken und Verhalten stärker vom Essen gesteuert, als bisher gedacht. Ihre Forschungsgruppe hat gemeinsam mit Wissenschaftlern aus München und London herausgefunden, dass die Zusammensetzung der Nahrung Einfluss auf die im Gehirn zur Verfügung stehenden Neurotransmitter hat: „Sie belegte, dass unsere täglichen Mahlzeiten sogar bestimmen, wie wir uns in bestimmten Situationen entscheiden.“ Dafür ließ sie Probanden unterschiedlich frühstücken. Eine Gruppe aß mehr Kohlenhydrate, die andere mehr Proteine. Alle Teilnehmer wurden anschließend mit unfairen Angeboten konfrontiert. Sie konnten zwei von zehn Euro-Münzen annehmen, den Rest bekäme dann der andere – also unfair verteilt. Prof. Dr. Soyoung Q Park ist Professorin für Ernährungsneurowissenschaften an der Charité.

Zytokine können Depressionen fördern

Oder sie konnten ganz ablehnen – dann gingen beide leer aus. Soyoung Q Park erklärt: „Die Protein-Frühstücker waren toleranter und nahmen eher an. Die Kohlehydrat-Frühstücker reagierten sensibler auf das unfaire Angebot und sagten nein. Sie waren generell strenger.“ Die Blutuntersuchung gab Aufschluss. Die aufgenommenen Proteine führten zu einem Anstieg der Aminosäure Tyrosin im Blut. Das erhöhte wiederum den Dopaminspiegel im Gehirn. Dopamin ist ein Botenstoff des Belohnungssystems, der zufrieden macht.

Offenbar fühlt man sich schon durch das Dopamin aus der proteinreichen Nahrung mit dem eigentlich unfair kleinen Geldbetrag belohnt. Seit Längerem vermutet man, dass die Immunbotenstoffe Zytokine Depressionen fördern können. Zytokine entstehen bei Entzündungen. Sie reichern sich in der Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit an und verändern dort die Aktivität der Neuronen – was depressive Verstimmungen auslöst. Der Zytokinlevel im Körper kann auch durch ernährungsbedingte Stoffwechselprodukte steigen. Etwa durch die Aufnahmen von Cholesterin und Transfettsäuren zum Beispiel in Fast Food.

Die Ernährung greift in biochemische Prozesse im Gehirn ein

Soyoung Q Park erläutert: „Denn solche Nahrungsbestandteile können kleine, kaum messbare Entzündungen im Körper verursachen. Bei günstigeren Fettsäuren wie Omega-3-Fettsäurenist das nicht der Fall.“ Die Ernährungsgewohnheiten eines Menschen haben Einfluss auf sein Handeln. Davon ist die Professorin überzeugt. Viele Menschen essen etwa dreimal am Tag und das täglich, da liegt großes Potential. Etwa wenn man sich optimieren oder sein Wohlbefinden verbessern will.

„Es ist unbestritten, dass es Nährstoffe gibt, die in die biochemischen Prozesse im Gehirn eingreifen und die wir über die Nahrungsaufnahme beeinflussen könnten“, so Soyoung Q Park. Wie die Kohlehydrate und Proteine in ihrem Experiment. „Aber was wir wann und in welchen Mengen essen sollten, um bestimmte Auswirkungen im Gehirn zu erzielen, das müssen wir noch weiter erforschen.“ Es gibt jedoch Nahrungsmittel, von denen man weiß, dass sie Hochgefühle erzeugen. Chili zum Beispiel macht high, während Nüsse Stoffe enthalten, aus denen Nervenbotenstoffe bestehen. Quelle: „Iss dich glücklich“ in alverde November 2022

Von Hans Klumbies