Katia Henriette Backhaus erklärt: „Nachhaltigkeit definiert sich über das Verhältnis von Mensch und Natur, das aus drei Perspektiven betrachtet werden kann.“ Die politische Perspektive fragt danach, wie man die Bedürfnisbefriedigung der Menschen zu ihrem Wohl und zum Wohl der Gemeinschaft organisieren kann. Dazu gehört auch der Gedanke an die nachhaltige Stabilisierung der politischen Ordnung. Die ökonomische Perspektive auf das Verhältnis von Mensch und Natur hingegen entspringt der Forderung nach dem „nachhaltigen Erhalt“ und der Sicherung eines nachhaltigen Ertrags. Natur betrachtet man dabei zunächst als Ressourcenlager, das als schützenswert gilt. Der Versuch, Ökologie und Ökonomie zusammenzudenken, prägt die Begriffshistorie der nachhaltigen Entwicklung. Katia Henriette Backhaus hat an der Universität Frankfurt am Main promoviert. Sie lebt in Bremen und arbeitet als Journalistin.
Das Verhältnis von Mensch und Natur sollte ausgewogen sein
Dabei steht in der Regel der Mensch im Vordergrund, weil das Hauptziel die Bekämpfung der Armut und nicht ein ausgewogenes Verhältnis von Mensch und Natur ist. Die moralische Perspektive hebt hervor, dass man auch an die zukünftigen Generationen denken muss. Natur soll auch für sie erhalten bleiben. An dieser Stelle knüpft die Verantwortung für diesen Erhalt an die politische Perspektive an. Damit einher geht ein Respekt vor der natürlichen Umwelt, die nicht nur im ökonomischen Sinne wertvoll begriffen wird.
Aus der Analyse der nachhaltigen Entwicklung ist die Forderung hinzugekommen, Menschen die Möglichkeit der Entfaltung ihrer Potentiale zu bieten. Die Begriffsneuprägung „nachhaltige Entwicklung“ markiert einen Bruch innerhalb oder sogar mit der Begriffsgeschichte der Nachhaltigkeit. Katia Henriette Backhaus erläutert: „Das liegt daran, dass die Armutsbekämpfung in den Mittelpunkt rückt und das Verhältnis von Mensch und Natur zur Nebensache wird.“
Die nachhaltige Entwicklung möchte die Armut abschaffen
Zudem ist für nachhaltige Entwicklung die Frage, welche Kausalzusammenhänge zwischen Armut, Umweltschäden und ökonomischen Wachstum bestehen, zentral. Im Zentrum des natürlichen Ganzen steht der Mensch, sein Wohlergehen hat Priorität. Mit diesem Wandel des normativen Begriffskerns wird der Unterschied der beiden Konzepte offensichtlich. Durch das nun dem Erhalt der Natur übergeordnete Ziel der Armutsbekämpfung nimmt das Verhältnis von Mensch zu Mensch eine gewichtigere Rolle ein als das Verhältnis der Menschen zur Natur. Damit spaltet sich die nachhaltige Entwicklung von der Nachhaltigkeit ab.
Der normative Kern des Begriffs der nachhaltigen Entwicklung ist die Abschaffung der Armut. Katia Henriette Backhaus stellt fest: „Aus der Analyse ihrer Ursachen entsteht die Trias der sozialen, ökonomischen und ökologischen Dimension der nachhaltigen Entwicklung.“ Auch der Begriff der Nachhaltigkeit steht in Verbindung mit dem Gedanken eines ökonomisch nachhaltigen Ertrags. Doch in diesem Fall steht die Natur im Verhältnis zu den Menschen im Mittelpunkt. Quelle: „Nachhaltige Freiheit“ von Katia Henriette Backhaus
Von Hans Klumbies