Der Name „Europa“ kam zwar nicht vor, doch das Imperium Romanum wurde zu seinem Synonym. „Brot und Spiele“ für die Stabilisierung nach innen. Die Losung der „Pax Romana“ für die Befriedung der wahrlich imponierenden Außengrenzen. Jürgen Wertheimer erklärt: „Ein durchgehender Ring römisch beherrschter Gebiete umschloss das Mittelmeer, Gallien, Teile Germaniens und die südliche Hälfte Britanniens war gleichfalls in das Reich integriert.“ Die neue Form einer Herrschpersönlichkeit des Caesars oder ursprünglich des Imperators hielt das Imperium zusammen und dominierte es. Er war kein „König“ als Oberherr eine Clans, eines Volkes, eines Stammes, sondern ein Herrscher in befehlshabender Funktion über alle regionalen Grenzen hinweg. Ursprünglich eher militärisch definiert, wurde der „Kaiser“ spätestens seit Augustus zum Symbol für „Rom“ un die römische Herrschaft. Jürgen Wertheimer ist seit 1991 Professor für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft und Komparatistik in Tübingen.
Latein und Griechisch waren die zwei Weltsprachen
Die damit verbundene Losung der Pax Romana beinhaltete eine recht eindimensionale, globalisierende Interpretation des Konzepts der Befriedung. Globalisierend heißt in diesem Zusammenhang: mit dem Ziel, weltweit ein und dasselbe Wirtschafts-, Rechts- und Wertesystem umzusetzen. Zur Zeit des Imperium Romanum hatte man bei Weitem noch nicht die gesamte Welt entdeckt, aber Rom erhob den Anspruch auf Universalherrschaft. Das globale Handelsnetz war beeindruckend. Der Seehandel zum Beispiel war damals dichter, als er zur Zeit der Renaissance sein sollte.
Standardisierte Monetarisierung, niedrige Zölle und ein gut entwickeltes Bankwesen schufen günstige Rahmenbedingungen. Jürgen Wertheimer erläutert: „Die Handelsrouten erstreckten sich bis Indien und umfassten die gesamte arabische Halbinsel. Normen der römischen Gesetzgebung und Rechtsprechung wurden gleichfalls weltweit umgesetzt.“ Rom versuche auch seine Wertordnung weitgehend auf den gesamten Herrschaftsbereich zu übertragen. Die Kommunikation wurde in den beiden Weltsprachen Latein und Griechisch geführt.
Das Riesenimperium wurde von Rom aus regiert
Überall im Reich setzte man die gleichen urbanistischen, technischen und bürokratischen Konzepte um. Das Imperium war nicht zuletzt eine gewaltige Standardisierungsmaschine. Diese verbreitete ein gewisses Geschmacksideal und Menschenbild offenbar recht erfolgreich. Dieses System hatte seine Vor- und Nachteile. Wem es gelang, sich den Normen anzupassen, konnte seine indigene Haut abstreifen und zum „Römer“ werden. Unter den Vorzeichen dieses Versprechens förderte man Verbrechen wie auch Karrieren.
Viele der späteren Angreifer Roms waren römische Offiziere germanischer Herkunft. Dazu zählen unter anderem Arminius der Cherusker und Theoderich der Große. Jürgen Wertheimer weiß: „Unter der Regentschaft Kaiser Trajans erreichte das Römische Reich in den Jahren 115/117 seine größte territoriale Ausdehnung.“ Es war zwar etwas anders gewichtet, ansonsten aber nicht viel kleiner als die heutige Europäische Union. Es war daher ein enormes logistisches und bürokratisches Potenzial nötig, um von Rom aus dieses Riesenimperium zu regieren. Quelle: „Europa“ von Jürgen Wertheimer
Von Hans Klumbies