Die Globalisierung hat die Arbeitnehmer geschwächt

Joseph Stiglitz weiß: „Befürworter der Globalisierung geben dem technischen Fortschritt die Schuld daran, dass Löhne sinken und Arbeitsplätze verloren gehen. Neue Technologien verringern möglicherweise die Nachfrage nach Arbeitskräften, insbesondere nach Geringqulifizierten.“ Viele Ökonomen haben versucht, genau herauszufinden, ein wie großer Prozentsatz der gestiegenen Arbeitslosigkeit beziehungsweise der gesunkenen Löhne auf die Globalisierung zurückzuführen ist. Da beide sehr eng miteinander verflochten sind, hält Joseph Stiglitz das für praktisch unmöglich. Aber eines ist klar: Auch ohne technischen Fortschritt hätte sich die Globalisierung als solche verheerend auf die Arbeiter in den USA ausgewirkt. Denn der Staat ließ ihnen keinerlei Hilfen zukommen. Und da der technologische Wandel an sich Arbeitnehmer schon einem hohen Anpassungsdruck aussetzt, hat die Globalisierung deren missliche Lage noch verstärkt. Joseph Stiglitz war Professor für Volkswirtschaft in Yale, Princeton, Oxford und Stanford. Er wurde 2001 mit dem Nobelpreis für Wirtschaft ausgezeichnet.

Die Handelsabkommen waren sehr unausgewogen

Doch statt die Arbeitnehmer zu unterstützen hat der amerikanische Staat genau das Gegenteil getan. Die Globalisierung hat die Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer geschwächt. Diese untergrub man dann durch Gesetze, die Gewerkschafts- und Arbeitnehmerrechte einschränkten noch weiter. Die Mindestlöhne um die gleiche Rate zu erhöhen, mit der die Wirtschaft insgesamt wuchs, hätte das Einkommen der Geringverdiener vielleicht geschützt. Aber tatsächlich erhöhte man sich nicht einmal um die Inflationsrate.

Joseph Stiglitz erklärt: „Kurzum, Politik, technischer Fortschritt und Globalisierung haben die heutigen Probleme gemeinsam verursacht. Die Tatsache, dass Gewerkschaften den Kräften der Technologie und der Globalisierung weitgehend ohnmächtig ausgeliefert waren und sind, hat sie zweifellos erheblich geschwächt.“ Warum soll man Beiträge an Gewerkschaften zahlen, die nicht einmal verhindern können, dass die Reallöhne sinken? Dies Schwächung der Gewerkschaften trug zu den unausgewogenen Handelsabkommen und stagnierenden Mindestlöhnen bei.

In den letzten 60 Jahren hat man die Zölle massiv gesenkt

Es gab niemanden, der für Arbeitnehmer kämpfte, niemanden, der den enormen Einfluss der Konzerne aufgewogen hätte. Die Handelsabkommen waren sowohl ein Symptom als auch eine Ursache der wachsenden wirtschaftlichen Machtgefälle. Und die Art, wie man die Globalisierung gestaltete, hat alles nur verschlimmert. Die Lage vieler Arbeitnehmer, die unter der durch den technologischen Wandel verursachten Deindustrialisierung litten, hat sich dadurch noch weiter verschlechtert.

Im Verlauf der letzten 60 Jahre hat man die Zölle massiv gesenkt. Joseph Stiglitz stellt fest: „Heute stehen in der Regel andere Themen im Mittelpunkt von Handelsgesprächen, etwa Regulierungen und andere nichttarifäre Handelshemmnisse, geistiges Eigentum und Investitionen.“ Die Transpazifische Partnerschaft (TPP), die 44 Prozent des Welthandels abdeckt und 2016 unterzeichnet, aber von Donald Trump am ersten Tag seiner Präsidentschaft gekündigt wurde, veranschaulicht diesen Punkt. Quelle: „Der Preis des Profits“ von Joseph Stiglitz

Von Hans Klumbies