Joseph Stiglitz benennt die Mängel der Globalisierung

Es bringt nichts, die Globalisierung einfach in ihrem bisherigen Ordnungsrahmen weiter voranzutreiben. Joseph Stiglitz erläutert: „Wir können in den kommenden Jahrzehnten nicht genauso weitermachen wie in den letzten 30 Jahren. Denn dies wird vermutlich noch mehr Leid, noch mehr politische Wirren verursachen.“ Die Globalisierung wurde in der Vergangenheit auf der Grundlage einer Reihe falscher Prämissen gemanagt. Nämlich, dass alle Menschen davon profitieren und es genüge, die Globalisierung in wirtschaftlicher Hinsicht gut zu gestalten. Man ließ die Arbeitnehmer wissen, dass sie sich aufgrund der Globalisierung mit niedrigeren Löhnen, schlechteren Arbeitsbedingungen und Kürzungen wichtiger staatlicher Leistungen abfinden müssten. Diese Maßnahmen dienten dazu, die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Ländern zu erhalten. Joseph Stiglitz war Professor für Volkswirtschaft in Yale, Princeton, Oxford und Stanford. Er wurde 2001 mit dem Nobelpreis für Wirtschaft ausgezeichnet.

China führte rund 740 Millionen Menschen aus der Armut heraus

Joseph Stiglitz weiß, dass man die Wachstumseffekte in den fortgeschrittenen Industrieländern überschätzte, während man die Verteilungseffekte unterschätzte. Die Schwellenländer, die – wie China – die Globalisierung klug und ausgewogen managten, haben bekanntlich enorm davon profitiert. China blieb die mit kurzfristigen Kapitalströmen verbundene Instabilität erspart. Das Land lockte ausländische Investoren dergestalt an, dass man die Wissenslücke, die China von den höher entwickelten Ländern trennte, verringerte.

China förderte die Exporte, wobei es insgesamt einen stabilen Wechselkurs aufrechterhielt. Und in früheren Stadien seiner Entwicklung hat es seine Währung längere Zeit gezielt geringfügig abgewertet. Am wichtigsten war aber, dass die chinesische Regierung zwar eine Erhöhung der Ungleichheit zuließ, aber zugleich sicherstellte, dass fast jeder Chinese von der Globalisierung profitierte. China führte rund 740 Millionen Menschen aus der Armut heraus. Es ist verlockend zu behaupten, das Wachstum Chinas sei auf Kosten des Wachstums der Industrieländer gegangen; aber es wäre falsch.

Die Regeln der Globalisierung sind alles andere als ideal

Die Auswirkungen der Globalisierung gehen weit über die Wirtschaft hinaus. Joseph Stiglitz nennt Beispiele: „Infolge der globalen Verbreitung von medizinischem Wissen stieg die Lebenserwartung an, die Verbreitung entsprechender Ideen führte zur globalen Anerkennung von Genderrechten.“ Gleichzeitig hat die Art und Weise, wie man die Globalisierung gestalte, oftmals lokale Gemeinschaften und in manchen Fällen sogar Nationalstaaten untergraben.

Ladeninhaber vor Ort sind oft die Säulen einer Gemeinschaft. Aber diese lokalen Geschäfte verdrängen heute große Ketten, die ausländische Waren erheblich billiger einkaufen können. Die Loyalität ihrer Geschäftsführer gilt in erster Linie dem Unternehmen, nicht der jeweiligen Gemeinde. Und die Manager bleiben oftmals nicht lange genug an einem Ort, um Wurzeln zu schlagen. Joseph Stiglitz stellt fest: „Die Regeln der Globalisierung sind alles andere als ideal. Sie haben die Interessen der Konzerne zulasten der Arbeitnehmer, der Verbraucher, der Umwelt und der Wirtschaft insgesamt geschützt.“ Quelle: „Der Preis des Profits“ von Joseph Stiglitz

Von Hans Klumbies

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