Leben heißt arbeiten

Der physikalische Begriff „Arbeit“ bezeichnet heute alle Prozesse, bei denen man Energie überträgt. Sei es auf kosmischer Ebene bei der Entstehung von Galaxien oder Sternen oder sei es im subatomaren Bereich. James Suzman fügt hinzu: „Naturwissenschaftlich betrachtet, wurde bei der Entstehung des Universums Arbeit in ungeheurer Größenordnung geleistet.“ Das Leben ist ein erstaunliches Phänomen und alles Lebendige unterscheidet sich fundamental von toter Materie. Denn es ist die Vielfalt höchst ungewöhnlicher Arten von Arbeit, die lebende Organismen leisten. Lebende Dinge besitzen eine Reihe spezieller Merkmale, die man bei toter Materie nicht findet. Das offenkundigste und wichtigste dieser Merkmale ist, dass lebende Dings selbsttätig Energie zapfen. James Suzman ist Sozialanthropologe und Autor des Buches „Wohlstand ohne Überfluss“. In diesem Werk porträtierte er die Gesellschaften der Jäger und Sammler als erste Wohlstandsgesellschaften.

Lebendiges wächst und reproduziert sich

Diese Energie verwenden sie dazu, ihre Atome und Moleküle zu Zellen, ihre Zellen zu Organen und ihre Organe zu Körpern zusammenzufügen. Sie wachsen und reproduzieren sich. Sobald sie diese Aktivität einstellen, sterben sie ab, verlieren ihre Energie und zerfallen zu toter Materie. James Suzman bringt diesen Prozess auf eine Kurzformel: „Leben heißt arbeiten.“ Im Universum tummelt sich ein erstaunliches Spektrum komplexer und dynamischer Systeme.

Angefangen von Galaxien bis hin zu Planeten, die man manchmal als „lebende Systeme“ bezeichnet. Doch anders als zelluläre Organismen, holt sich keines dieser Systeme aktiv Energie aus externen Quellen und setzt diese in Arbeit im Dienst der Selbsterhaltung und der Reproduktion um. Lebende Systeme leisten Arbeit, um zu überleben, zu wachsen und sich zu vervielfachen. Dieses Phänomen steht scheinbar im Widerspruch zum zweiten Hauptsatz der Thermodynamik, auch als Entropiesatz bekannt.

Die Entropie führt zum Weltuntergang

James Suzman erklärt: „Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik beschreibt die Eigenschaft oder Neigung aller Energie, sich gleichmäßig im Universum als Ganzem zu verteilen.“ Die Entropie zersprengt gnadenlos jede vom Universum zwischenzeitlich geschaffene Ordnung. Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik kündigt an, dass die Entropie zum Weltuntergang führt. Nicht etwa, weil sie das Universum vernichten würde. Sondern weil, sobald sie ihr Ziel erreicht hat, keine freie Energie mehr vorhanden sein wird.

Das hat zur Folge, dass man keine Arbeit mehr im physikalischen Sinn leisten kann. Den Pionieren der industriellen Revolution offenbarte sich die Entropie als der „böse Geist“. Dieser brachte ihre Versuche zum Scheitern, die vollkommen effiziente Dampfmaschine zu konstruieren. In allen ihren Experimenten stellten sie fest, dass nichts die Wärme daran hindern konnte, sich gleichmäßig im Inneren eines Dampfkessels zu verteilen und dann durch dessen metallische Außenhaut in die Umgebung zu entweichen. Quelle: „Sie nannten es Arbeit“ von James Suzman

Von Hans Klumbies