Immer mehr Nutzpflanzen sind spezielle Züchtungen

Das vorrangige Problem der Landwirtschaft ist ihr Flächenbedarf. Denn zur Erzeugung von landwirtschaftlichen Produkten benötigt man Sonnenlicht. Ille C. Gebeshuber ergänzt: „Um die Nutzbarkeit des Lichts zu maximieren, werden die landwirtschaftlich genutzten Flächen von der natürlichen Konkurrenz abgeschirmt. Speziell gezüchtete Nutzpflanzen können auf diese Weise das Sonnenlicht exklusiv nutzen und bringen hohe Erträge.“ Hier hat der hohe Versorgungsdruck die Menschheit aber in die Nutzung weniger Pflanzenarten getrieben, deren Anpassungsfähigkeit und Leistung hoch war. So nutzt die Landwirtschaft von circa 6.000 verzehrbaren Pflanzenarten nur etwas weniger als 200. Davon decken fünf Pflanzenarten etwa drei Viertel der weltweiten Nahrungsmittelproduktion in Tonnen. Diese sind nach Produktionsmenge gereiht: Zuckerrohr, Mais, Weizen, Reis und Kartoffeln. Ille C. Gebeshuber ist Professorin für Physik an der Technischen Universität Wien.

Der Mensch denkt grundsätzlich quantitativ

Die Erträge kann man durch ständige Optimierung des Pflanzenschutzes und bessere Düngemittel noch weiter steigern. Der Druck auf die Landwirtschaft, die Nachfrage nach Nahrungsmitteln zu sättigen, steigt ständig. Wenn Nahrungsmittel knapp sind, steigen die Preise und die geforderte Leistung zu erbringen wird besonders belohnt. Das in diesem Zusammenhang auftretende Problem ist, dass der Mensch grundsätzlich quantitativ denkt. Er glaubt unterbewusst, dass er mit mehr Kraft mehr erreichen kann.

Das war in den Zeiten der frühen Menschheit durchaus zutreffen, aber heute ist dies meist nicht mehr der Fall. Ille C. Gebeshuber stellt fest: „Mehr Dünger oder mehr Pflanzenschutzmittel erreichen sogar den umgekehrten Effekt. Und nicht nur das, diese leistungsfähigen Chemikalien geraten durch Ausschwemmung und Verwehung in die Natur, wo sie massiven Schaden anrichten.“ So werden Gewässer überdüngt und können oft nur durch menschliche Eingriffe vor dem Umkippen gerettet werden.

Das Insektensterben hat erschreckende Ausmaße erreicht

Auch setzt ein Insektensterben ein, das sich negativ auf die Vogelpopulation auswirkt. Der durch das Insektensterben verursachte Verlust an Biomasse erreichte in Mitteleuropa seit Beginn der genaueren Erfassung in den 1980er Jahren erschreckende Ausmaße. Je nach Region und Art kann man von einem Verlust von 50 bis 80% ausgehen. Ein Teil dieses Phänomens ist das Bienensterben, das die Bestäubung von Pflanzen massiv beeinträchtigt und bald alternative Formen der Bestäubung durch Drohnen notwendig machen wird.

Ille C. Gebeshuber weiß: „Die erzielten Vorteile durch das Einführen einer für Arten tödlichen Grenze der Menschheit haben ihren Preis. Auch wenn man den Verlust einzelner Arten nicht mit Geld bemessen kann.“ Aber die intensivere Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen ist nicht genug, um die Ernährung zu sichern. Zum einen wächst die Weltbevölkerung weiter, zum anderen ändern sich in vielen Ländern die Ernährungsgewohnheiten. So stieg der weltweite Fleischkonsum allein in den ersten zwei Jahrzehnten des 21. Jahrhunderts um über 40 Prozent an. Quelle: „Eine kurze Geschichte der Zukunft“ von Ille C. Gebeshuber

Von Hans Klumbies