Das „Kommunistische Manifest“ von Karl Marx und Friedrich Engels aus dem Jahre 1848 beginnt bekanntlich mit den Worten: „Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Kommunismus.“ Heinz Bude erläutert: „Es sieht einen Endkampf zwischen Bourgeoise und Proletariat vor Augen.“ Das Manifest verspricht, dass dieser bald versteckte, bald offene Kampf mit einer revolutionären Umgestaltung der ganzen Gesellschaft enden wird. Ansonsten gibt es nur den gemeinsamen Untergang der kämpfenden Klassen. Der Kommunismus ist im 20. Jahrhundert auf- und untergegangen. Auch die Rebellion von 1968 ist nach fünfzig Jahren endgültig Geschichte geworden. Dennoch ist das Gespenst des Kommunismus heute wieder unterwegs. Heinz Bude studierte Soziologie, Philosophie und Psychologie. Seit dem Jahr 2000 ist er Inhaber des Lehrstuhls für Makrosoziologie an der Universität Kassel.
Die Elite herrscht über das Volk
Nur wird die „kommunistische Hypothese“ von merkwürdigen Querallianzen aufgegriffen und zu einer mehr oder minder lodernden Idee umgearbeitet. Das Volk wird dabei aufgefordert, sich im Sinne des demokratischen Selbstverständnisses zum Ursprung aller Gewalt zu bekennen. Man will offenbar wieder zum Grauen der Bourgeoise werden, welche die fortwährende Umwälzung der Produktion und die ununterbrochene Erschütterung aller gesellschaftlichen Zustände zum Gesetz der Welt gemacht hat.
Nur steht hinter dieser Wiederkehr des kommunistischen Gespensts keine geschichtsphilosophische Überzeugung von einem letzten Weltgericht mehr. Es wird unterschieden zwischen einer Elite oder herrschenden Klasse und dem Volk. Die da oben dirigieren den internationalen Handel, die transnationalen Wertschöpfungskette und die globalen Ströme von Kapital, Daten und Energieträgern. Sie schließen Verträge, von denen niemand etwas weiß, verteilen Headquarter über den Globus, die variable Cluster bilden. Die Eliten schaffen Plattformen für Märkte und kassieren die Gebühren für deren Benutzung.
Zwischen Allmacht und Ohnmacht verläuft eine scharfe Grenze
Die da unten verständigen sich übers Smartphone über relevante Ereignisse von Demütigung, Drangsalierung und Belästigung. Das Volk rumort über den Wahnsinn des vielen Geldes auf der Welt und über die unglaublichen Einkünfte von einzelnen Celebrities. Der Kleinbürger versucht sich einen Reim auf eine Welt zu machen, die vor seinen Augen aus den Fugen fällt. Eine scharfe Grenze verläuft zwischen Allmacht und Ohnmacht, zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten, zwischen Berechtigten und Entrechteten.
Daraus folgt, wer das Sagen hat und wer folgen muss, wer lügt und wer belogen wird und wer da bleiben kann, wo er geboren ist, und wer wegziehen und anderen Platz machen muss. Die einen werden von den anderen als Kosmopoliten beschimpft, denen das eigene Volk im Zweifelsfall gleichgültig ist. Oder die anderen werden andersherum als völkische Idioten gebrandmarkt, weil diese nicht kapieren wollen, dass das Netz die Zukunft und die Welt unter dem Zwang der Weltmärkte neu aufgeteilt wird. Quelle: „Solidarität“ von Heinz Bude
Von Hans Klumbies